
Automatisiertes Fahren
Fahrkomfort oder Sicherheitsgewinn?
Es gibt zahlreiche Fahrerassistenz- und Automatisierungssysteme, die Autofahrerinnen, Lastwagenfahrer, Motorradfahrer und mittlerweile auch E-Bikerinnen unterstützen. Systeme, die punktuell informieren, situativ warnen oder gezielt eingreifen, erhöhen dabei die Sicherheit – wie z. B. der Notbremsassistent. Systeme wie der Spurhalteassistent, die dauerhaft unterstützen, erhöhen hingegen eher den Fahrkomfort.
Die BFU beschäftigt sich seit mehreren Jahren aktiv mit dem Thema automatisiertes Fahren – mit dem Ziel, die positiven, aber auch möglichen negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit in der Schweiz zu ermitteln.
Vom Fahrerassistenzsystem zum Automatisierungssystem
Automatisierte Fahrfunktionen lassen sich gemäss der «Society of Automotive Engineers (SAE)» in sechs Stufen einteilen. Die Stufen 0 bis 2 belegen die Fahrerassistenzsysteme. Sie entlasten die Person hinter dem Steuer je nachdem beim Lenken, Bremsen und/oder Beschleunigen. Es handelt sich um Sicherheits- oder Komfortsysteme, die informieren, warnen, eingreifen oder die Fahrerinnen und Fahrer kontinuierlich unterstützen – wie etwa der adaptive Tempomat. Auch mit eingeschalteten Fahrerassistenzsystemen gilt: die Hände immer am Lenkrad lassen.
Ab der Stufe 3 spricht man von Automatisierungssystemen. Diese Systeme gehen einen Schritt weiter: Sie übernehmen die Fahrzeugsteuerung komplett, die Person hinter dem Steuer kann die Hände vom Lenkrad nehmen. Sie muss jedoch bereit sein, jederzeit und unter allen Umständen die Kontrolle wieder zu übernehmen.
Die verschiedenen Stufen der Automatisierung
- SAE-L0: Die Fahrerin oder der Fahrer ist für Lenken, Beschleunigen und Bremsen zuständig. Fahrerassistenzsysteme informieren, warnen oder greifen lediglich in kritischen Momenten ein, beispielsweise durch eine Notbremsung.
- SAE L1: Fahrerassistenzsysteme übernehmen dauerhaft entweder das Beschleunigen, Bremsen oder Lenken des Fahrzeugs.
- SAE L2: Beim teilautomatisierten Fahren übernimmt das Fahrzeug sowohl das Beschleunigen und Bremsen als auch das Lenken. Die Fahrerinnen und Fahrer müssen das System jedoch dauerhaft überwachen und die Hände am Lenkrad lassen.
- SAE L3: Beim bedingt automatisierten Fahren fährt das Fahrzeug in einem bestimmten Betriebsbereich (z. B. auf der Autobahn) selbstständig, die Person hinter dem Steuer muss das Steuer erst wieder übernehmen, wenn das Fahrzeug sie dazu auffordert oder äussere Umstände eine Übernahme nötig machen.
- SAE L4: Beim hochautomatisierten Fahren sind führerlose Fahrzeuge auf vordefinierten Strecken oder in einem bestimmten Einsatzbereich völlig autonom unterwegs. Ein Beispiel hierfür sind führerlose Taxis.
- SAE L5: Beim vollautomatisierten Fahren übernimmt das Fahrzeug die Fahraufgabe vollständig vom Start bis zum Ziel ohne Einschränkung.
Das selbstfahrende Auto ist da
Automatisiertes Fahren ist bereits Realität. Die Verordnung über das automatisierte Fahren, welche am 1. März 2025 in Kraft getreten ist, setzt dafür den rechtlichen Rahmen und regelt den Umgang mit Automatisierungssystemen bis zur Stufe 4.
Auf Autobahnen ist eine bedingte Automatisierung (Stufe 3) erlaubt. Wenn das System aktiv ist, muss die Person am Steuer das Fahrzeug und den Verkehr nicht mehr permanent überwachen und kann das Lenkrad loslassen. Sie muss jedoch bereit sein, jederzeit und unter allen Umständen die Kontrolle wieder zu übernehmen. Hochautomatisiertes Fahren (Stufe 4) mit führerlosen Fahrzeugen ist auf kantonal genehmigten Strecken ebenfalls möglich.
Sicherheitspotenzial und neue Herausforderungen
Verkehrsunfälle sind nicht einfach Pech. Sie sind oft auf menschliche Leistungsgrenzen zurückzuführen – z. B. in Bezug auf das Reaktionsvermögen. Automatisierte Fahrzeuge können solche Unfälle verhindern. Das Sicherheitspotenzial ist also gross.
Fahrerassistenz- und Automatisierungssysteme, die primär auf den Fahrkomfort ausgerichtet sind, bergen aber auch neue Risiken: Monotonie, Überschätzung sowohl der Leistungsfähigkeit des Systems als auch der eigenen Fähigkeiten sowie ein vermindertes Situationsbewusstsein können die Unfallgefahr erhöhen. Und auch technische Systeme sind nicht frei von Fehlern.
Systeme bis und mit SAE L3 ersetzen nicht die Fahrerin oder den Fahrer. Wer fährt, muss das Fahrzeug immer beherrschen können. Nutzerinnen und Nutzer teil- und bedingt automatisierter Fahrzeuge müssen sich daher rasch an die Technik, deren Bedienung sowie an deren Grenzen gewöhnen.
Unfälle verhindern – die Ratgeber der BFU
Mit Daten und Wissen schwere Verkehrsunfälle verhindern
Auf Sinus plus geht die BFU den Ursachen von schweren Verkehrsunfällen auf den Grund – und zeigt, welche Präventionsansätze besonders erfolgversprechend sind.
Fahrausbildung und automatisiertes Fahren
Was bedeutet der Technologieschub für die Fahrschulen? Was müssen die Fahrschülerinnen und Fahrschüler in Zukunft überhaupt noch können? Wichtig ist vor allem, dass sie den richtigen Umgang mit den gängigen Fahrerassistenzsystemen lernen. Wie funktionieren die Systeme genau? Was sind ihre Grenzen? All das gilt es, in der Fahrausbildung zu berücksichtigen. Alle Details dazu gibts im Forschungsbericht der BFU:
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Forschung & Statistik
Automatisiertes Fahren – Fahrausbildung
Grundlagen A4 | 73 Seiten | 2.387 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.387.01.2020
Publikationen
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Forschung & Statistik
Sinus 2024 – Sicherheitsniveau und Unfallgeschehen im Strassenverkehr 2023
Report A4 | 106 Seiten | 2.536 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.536.01.2024 -
Forschung & Statistik
Status 2024 – Statistik der Nichtberufsunfälle und des Sicherheitsniveaus in der Schweiz
Report A4 | 76 Seiten | 2.533 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.533.01.2024 -
Forschung & Statistik
Automatisiertes Fahren – Fahrausbildung
Grundlagen A4 | 73 Seiten | 2.387 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.387.01.2020 -
Forschung & Statistik
Automatisiertes Fahren – Mischverkehr
Grundlagen A4 | 79 Seiten | 2.376 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.376.01.2020 -
Forschung & Statistik
Automatisiertes Fahren
Grundlagen A4 | 44 Seiten | 2.285 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.285.01 -
Forschung & Statistik
Fahrassistenzsysteme – Befragung potenzieller Autokäufer
Grundlagen A4 | 85 Seiten | 2.339 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.339.01 -
Forschung & Statistik
Informationskonzept und Wissenstransfer Fahrerassistenzsysteme – Bestandesaufnahme und Empfehlungen
Grundlagen A4 | 27 Seiten | 2.259 | DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.259.01.2015
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