Arrêt du: 11 juin 2008
N° de procédure: 8C_144/2007
Recueil officiel: 134 V 340

Zwei Tauchclubs organisierten gemeinsam einen Tauchausflug zu einem Bergsee. Unter den ca. 30 Teilnehmern befanden sich auch S und E, zwei erfahrene Taucher. Die beiden waren sich bis dahin nicht bekannt und entschieden sich für einen gemeinsamen Tauchgang. Als sie am frühen Nachmittag ins Wasser stiegen, hatte sich weder E noch S vorgängig mit dem Material des Partners vertraut gemacht. Bei einer Tiefe von 45 Metern angelangt, kam es plötzlich – vermutlich wegen der Kälte – zu Problemen mit der Ausrüstung (Druckluftgerät) von S. E wollte helfen, machte sich am Gerät seines Partners zu schaffen und stellte dabei versehentlich die Sauerstoffzufuhr ab. In der Folge schluckte S etwas Wasser, geriet in Panik und stieg in bloss 1 Minute an die Oberfläche. Dabei erlitt er ein Dekompressionstrauma, welches eine bleibende Lähmung nach sich zog.

E war seinem Tauchpartner zwar gefolgt, doch war es ihm nicht gelungen, den Aufstieg etwas abzubremsen. In der Folge wurde er rechtskräftig wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit (bedingt auf 2 Jahre) verurteilt. In zivilrechtlicher Hinsicht befand das Gericht, E sei für den Schaden haftbar, doch sei eine Kürzung der Haftungsquote um 25 % wegen schweren Mitverschuldens von S gerechtfertigt (das Verfahren zur Bezifferung des Schadens war zum Zeitpunkt des Bundesgerichtsurteils noch hängig). Die Suva (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt), bei der S gegen die Folgen von Unfällen versichert war, kürzte ihre Leistungen um 50 %, weil der Versicherte mit seinem Tauchgang auf über 40 Meter Tiefe ein Wagnis eingegangen sei. S beschwerte sich dagegen, doch das Vorgehen der Suva wurde nicht nur von der kantonalen Justiz, sonder auch vom Bundesgericht bestätigt.

Im Unfallversicherungsgesetz (UVG) sind Leistungskürzungen unter anderem vorgesehen, wenn ein Versicherter grobfahrlässig, d.h. durch Ausserachtlassen elementarster Vorsichtsmassnahmen, einen Nichtberufsunfall verursacht hat (Art. 37 Abs. 2 UVG) oder dieser auf ein Wagnis zurückgeht (Art. 39 UVG). Das Bundesgericht hielt fest, wenn die Voraussetzungen von Art. 37 Abs. 2 und Art. 39 UVG i.V.m. Art. 50 Abs. 2 UVV (Verordnung über die Unfallversicherung) gleichzeitig erfüllt seien, gelange der Wagnistatbestand als sog. lex specialis zur Anwendung. Nach der Rechtsprechung wird zwischen absoluten und relativen Wagnissen unterschieden: Aktivitäten, die unabhängig von Ausbildung, Vorbereitung, Ausrüstung, Fähigkeit und Eigenschaften des Versicherten mit einer besonders grossen Gefahr verbunden sind, die gar nicht auf ein vernünftiges Mass reduziert werden können, gelten als absolutes Wagnis. Hingegen sind Betätigungen, die an sich nicht schützenswert sind oder bei deren Ausübung der Versicherte nicht in einem vernünftigen Mass alle Erfordernisse erfüllt, um die Risiken zu mindern (persönliche Fähigkeiten, Charaktereigenschaften, Vorbereitungen), ein relatives Wagnis.

Im vorliegenden Fall sei eine Leistungskürzung allein aufgrund des zu schnellen Aufstiegs nicht gerechtfertigt, bemerkte das Bundesgericht. E sei panik- und notfallmässig zurück an die Wasseroberfläche, weshalb es sich um eine Rettungshandlung gehandelt habe, die nach Art 50 Abs. 2 UVV auch dann versichert sei, wenn es sich um ein Wagnis handle. Gemäss Experten waren die beiden Taucher genügend ausgebildet und erfahren, um derart tief zu tauchen. Doch die beiden hatten es versäumt, vor ihrem Tauchgang das Vorhaben und auch Notfallszenarien eingehend zu besprechen und gegenseitig ihre Ausrüstung zu kontrollieren. Angesichts des riskanten Tauchgangs seien die Vorbereitungen ungenügend und schlecht gewesen, befand das Bundesgericht. S sei dadurch ein (relatives) Wagnis eingegangen. Im Übrigen sei es vorhersehbar gewesen und nicht aussergewöhnlich, dass E das ihm unbekannte Gerät von S falsch bedient habe. Entgegen der Ansicht von S reiche diese Fehlmanipulation nicht aus, um den Kausalverlauf zwischen Wagnis und Körperverletzung zu unterbrechen. Die Suva habe ihre Geldleistungen daher zu Recht gekürzt.

(Prozess-Nr. des Bundesgerichts 8C_144/2007)

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