Arrêt du: 1 mars 2002

Thema des Urteils
Werkeigentümerhaftung für fehlendes Geländer und Handlauf im unteren Teil einer Kellertreppe in einem Mehrfamilienhaus

Sachverhalt
K macht geltend, im Haus von B gestürzt zu sein, und zwar auf der Kellertreppe. Die Kellertreppe befindet sich in einem Mehrfamilienhaus und führt in zwei Teilen vom Erdgeschoss in den Keller. Der erste Teil der Kellertreppe führt auf einen Zwischenboden, wobei dieser erste Teil der Treppe auf der rechten Seite durch ein Geländer abgesichert ist. Der Zwischenboden befindet sich etwa auf halber Höhe der ganzen Treppenanlage. Von diesem Zwischenboden aus führt die Treppe in der Gegenrichtung in das Kellergeschoss, und zwar über sieben ganze Stufen und ca. eine weitere halbe Stufe; dieser zweite Teil der Kellertreppe ist durch kein Treppengeländer und keinen Handlauf gesichert.


Prozessgeschichte
Das Bezirksgericht hat die Klage von K abgewiesen, weil es nach Durchführung eines Beweisverfahrens zum Schlusse kam, der Sturz habe auf der fraglichen Treppe nicht stattgefunden. Das Obergericht hat die Beweise anders gewürdigt und die Sache zur Ergänzung des Verfahrens ans Bezirksgericht zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang hat sich das Obergericht auch zur Frage geäussert, ob überhaupt ein Werkmangel vorliege.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Obergerichts

  • Zur Frage, ob eine Treppe mit einem Geländer versehen werden muss, hat sich das Bundesgericht, soweit ersichtlich, bisher zweimal geäussert (BGE 69 II 394 und BGE 72 II 176).
  • Gemäss diesen beiden Bundesgerichtsurteilen können öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von Indizien für oder gegen das Vorliegen eines Werkmangels herangezogen werden. Von Belang ist in diesem Zusammenhang etwa die zürcherische Besondere Bauverordnung I, welche in ihrem § 20 festhält, dass zugängliche überhöhte Stellen, wie Terrassen, Balkone, Laubengänge, brüstungslose Fenster, Treppen, Stützmauern und Zugänge oder Zufahrten zu Hofunterkellerungen so zu sichern seien, dass keine Absturzgefahr, insbesondere für Kinder bestehe.
  • Nach Auffassung des Zürcher Obergerichts ist die fragliche Kellertreppe im Haus von B fehlerhaft angelegt im Sinne von Art. 58 Obligationenrecht (OR). Die Treppe weise im unteren Teil sieben ganze und eine halbe Stufe auf, so dass jemand, der im unteren Treppenbereich auf einer der oberen Stufen steht, sich mit den Füssen etwa 120 cm über dem Fussboden des Kellergeschosses befindet. Dies sei eine recht beträchtliche Höhe, besonders für jemanden, der – wie K dies tat – eine Last trage. Dazu komme, dass immerhin der obere Teil der Treppe richtigerweise mit einem Treppengeländer ausgestattet sei. Begehe jemand, der mit den örtlichen Verhältnissen nicht sehr vertraut sei, die Treppe von oben nach unten, werde er nicht ohne weiteres damit rechnen, dass das Treppengeländer im unteren Treppenbereich keine Fortsetzung finde.
  • Deshalb stelle das Fehlen eines Treppengeländers bei einer Kellertreppe in einem Mehrfamilienhaus, die in einer Höhe von deutlich über einem Meter keine seitliche Abschrankung (z.B. Umwandlung) aufweise, einen Konstruktionsmangel dar, der im Sinne von Art. 58 OR die Werkeigentümerhaftung auszulösen vermöge.


Folgerungen bfu daraus

  • Treppen gehören zu den unfallträchtigsten Stellen im Haus. Dieser Tatsache wird oft erst Beachtung geschenkt, wenn sich ein Unfall ereignet hat. Ursachen für Unfälle sind ungeeignete Trittverhältnisse, rutschige Bodenbeläge, mangelhafte Geländer, fehlende Handläufe, ungenügende Wahrnehmung oder Beleuchtung.
  • Das oben vorgestellte Urteil ist aus Präventionssicht interessant, da es eines der wenigen Urteile ist, die sich zur Frage äussern, ob eine Treppe mit einem Geländer versehen werden muss. In Anknüpfung an zwei alte Bundesgerichtsurteile und unter Bezugnahme auf das Zürcherische Baurecht kommt das Obergericht des Kantons Zürich zum Schluss, dass fehlende Treppengeländer in einem Mehrfamilienhaus, die in einer Höhe von deutlich über einem Meter keine seitliche Abschrankung (z.B. Umwandlung) aufweisen, einen Konstruktionsmangel darstellen können, der nach einem Unfall die Werkeigentümerhaftung auslösen kann.
  • Aus dem Urteil wird auch klar: Das fachgerechte Anbringen von Geländern und Handläufen dient nicht nur der Unfallprävention und der Minimierung von Haftungsrisiken, sondern es kann – je nach Ausgestaltung des anwendbaren Baurechts – auch eine Rechtspflicht darstellen. Weiterführende Informationen dazu entnehmen Sie der bfu-Fachdokumentation 2.034 «Sicherheit im Wohnungsbau».

(Quelle: Urteil Obergericht Kanton Zürich vom 1.3.2002, publiziert in ZR 101/2002 S. 281)

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