Arrêt du: 11 juin 2007
N° de procédure: 6S.107/2007

Sachverhalt
X war an einem früher Nachmittag im Mai 2002 in seinem Jeep unterwegs. Mit mindestens 53 km/h (bei damals dort zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h) und bei guten Sicht- und Witterungsverhältnissen befuhr er eine leicht abfallende Innerortsstrasse. X konnte die vor ihm liegende Strecke auf über 60 Meter überblicken. Weil er kurz zuvor einen Lieferwagen gekreuzt hatte, fuhr er nahe am rechten Strassenrand, als die zu dem Zeitpunkt 8-jährige A von ihrem Wohnhaus aus die Strasse überquerte. A wurde vom Wagen von X erfasst und schwer verletzt. Die fragliche Strasse ist im Kollisionsbereich eine sechs Meter breite, aus Sicht des Unfalllenkers X zunächst leicht nach rechts gekrümmte, dann gerade, in beide Richtungen befahrbare Quartierstrasse. Das Trottoir befindet sich auf der linken Strassenseite, rechts befinden sich Hauseinfahrten, die jedoch wegen diverser Büsche und Sträucher nur eingeschränkt übersichtlich sind. In der Strassenkrümmung vor der Kollisionsstelle ist am rechten Strassenrand eine in die Strasse hineinragende Verkehrsinsel zur Beruhigung des Verkehrs.

Prozessgeschichte
In der Folge wurde X erstinstanzlich wegen Geschwindigkeitsüberschreitung für schuldig befunden und vom Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung freigesprochen. In Gutheissung der Beschwerden von Staatsanwaltschaft und A wurde X im Dezember 2006 kantonal letztinstanzlich der fahrlässigen schweren Körperverletzung schuldig gesprochen und mit zwei Monaten Gefängnis bestraft. Zudem wurde seine Haftungsquote auf 100 % festgelegt. X beschwerte sich gegen dieses Urteil in Lausanne und argumentierte vergeblich, seine Geschwindigkeit sei nicht übersetzt gewesen.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts<br>
Das Bundesgericht erinnerte daran, dass die Tempolimite in Wohnquartieren nicht immer ausgefahren werden kann, und bestätigte sowohl die Haftungsquote als auch den Schuldspruch wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung: X hatte seine Sorgfaltspflicht verletzt, indem er die Geschwindigkeit nicht den Verhältnissen anpasste, als er die im betroffenen Abschnitt von Einfamilienhäusern gesäumte Strasse befuhr. Das Ausfahren der maximalen Innerortsgeschwindigkeit war nach Ansicht des Bundesgerichts vor allem deshalb nicht zulässig, weil die Hauseinfahrten auf der rechten Seite schlecht überblickbar und nicht durch ein Trottoir von der Strasse abgegrenzt waren. Dass X nahe am Strassenrand fuhr, wurde angesichts der unübersichtlichen Verhältnisse als weiteres Indiz für die unangepasste Geschwindigkeit gewertet. Günstige Verhältnisse für das Ausfahren der Höchstgeschwindigkeit fehlten. Da X unter diesen Umständen mit einer plötzlichen Gefahrensituation hatte rechnen müssen, reichte es nicht, dass er innerhalb seiner Sichtweite hätte anhalten können. In unübersichtlichen oder gefährlichen Situationen muss das Fahrzeug nämlich auch in weniger als der Sichtdistanz angehalten werden können. Bei sorgfaltsmässigem Verhalten von X – die Vorinstanz hatte Tempo 30 als angemessen erachtet – wären die Folgen des Unfalls weniger gravierend ausgefallen. Zwar hätte sich der Unfall möglicherweise auch mit Tempo 30 ereignet, doch wäre A dabei mit grösster Wahrscheinlichkeit weniger schwer verletzt worden. X müsse für den gesamten Schaden aufkommen, denn A habe die unübersichtliche Situation nicht beurteilen könne, schloss das Bundesgericht.

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