Arrêt du: 20 octobre 2011
N° de procédure: 4A_275/2011
Recueil officiel: BGE 137 III 539

Eine Frau, die selber ein fünfjähriges Kind hat, erklärte sich bereit, das vierjährige Kind ihrer Nachbarin während kurzer Zeit zu beaufsichtigen. In der Folge entfernte sich das vierjährige Nachbarskind unbemerkt aus dem Garten und stürzte in einen Fluss. Es konnte nach 10 Minuten nur noch schwer geschädigt aus den Fluten geborgen werden.


Die Eltern des verletzten Kindes verlangten von der Nachbarin namens ihres Kindes eine Genugtuung von CHF 300'000.-. Die erste kantonale Instanz hiess dieses Rechtsbegehren zum Teil gut und verurteilte die Nachbarin zur Bezahlung einer Genugtuung von CHF 200'000.- nebst 5% Zins seit dem Unfalltag. Die zweite kantonale Instanz wies auf Berufung der Nachbarin hin die Klage der Eltern, die als Erben den Prozess ihrer mittlerweile verstorbenen Tochter übernommen hatten, ab. Das Bundesgericht bestätigte dieses Urteil und wies demnach das Begehren der Eltern ebenfalls ab.


Für die Bundesrichter stand Folgendes fest: im konkreten Fall könne nicht von einer unsorgfältigen Beaufsichtigung ausgegangen werden. Die Nachbarin erledigte zwar Hausarbeiten, während die beiden Kinder draussen im Garten spielten, schaute aber sporadisch nach, ob alles in Ordnung war. Im Rahmen einer Beaufsichtigung, die eine Gefälligkeitsnatur aufweise, genüge es in der Regel, dass der Gefällige jene Sorgfalt aufwende, die er auch in eigenen Angelegenheiten beachtet. Es könne nicht angenommen werden, dass ein Kind im Alter von knapp vier Jahren, das mit einem ungefähr fünfjährigen Kind im Garten spiele, in jedem Fall nach maximal fünf Minuten an seinem Standort zu kontrollieren sei. Eine solche Annahme wäre lebensfremd. Klar sei jedoch, dass dann häufiger den Kindern ein Auge oder ein Ohr zu widmen sei, wenn aufgrund ihres Verhaltens mit einer gefährlichen Situation zu rechnen sei. Insgesamt sah das Bundesgericht den Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung durch die Nachbarin, welche für den Unfall kausal gewesen sein könnte, als nicht erbracht an. Deshalb wurde den Eltern die Folgen der Beweislosigkeit auferlegt.


Kommentar:
Dass bei gegenseitiger Nachbarschaftshilfe nicht übertriebene Anforderungen an die Beaufsichtigung gestellt werden, ist vielleicht aus gesellschaftlicher Sicht verständlich. Aus unfallpräventiver Sicht sollte der Entscheid aber nicht so interpretiert werden, dass Nachlässigkeit in der Beaufsichtigung der eigenen Kinder es rechtfertigt, anvertraute Nachbarskinder auch etwas lockerer zu beaufsichtigen.

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