Arrêt du: 8 septembre 2004
N° de procédure: 4C.157/2004
Recueil officiel: 130 III 736

Sachverhalt
Die 3½-jährige A fuhr unbeaufsichtigt mit ihrem Dreirad auf einer Zufahrtsstrasse zum Gelände der Weberei B AG. Sie stürzte in den Kanal, welcher der B AG das zu ihrem Betrieb erforderliche Wasser zuführt, und zog sich eine schwere Hirnschädigung zu. Die Eigentümerin der Zufahrtsstrasse, die Gemeinde V, bevorschusste die Transport- und Spitalkosten.

Prozessgeschichte
In der Folge verlangten die Gemeinde V sowie das Unfallopfer Schadenersatz von der B AG. Sie machten geltend, der Unfall hätte vermieden werden können, wenn die Weberei ihren Kanal genügend gesichert und eine Abschrankung zur Zufahrtsstrasse angebracht hätte. Das Bundesgericht verneinte – wie schon die kantonale Justiz – einen Werkmangel.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts

  • Da der Zweck des Kanals, die Zuführung des Wassers zur Weberei, durch die fehlende Abschrankung in keiner Weise beeinträchtigt wurde, weise dieser Kanal keinen Mangel auf, für den dessen Eigentümer haften müsse.

  • Das Bundesgericht prüfte dann, ob allenfalls die Zufahrtsstrasse mangelhaft war im Sinne von Art. 58 OR (Obligationenrecht). Ein Werkeigentümer haftet gemäss Art. 58 OR für den Schaden, der durch fehlerhafte Anlage oder Herstellung oder durch mangelhaften Unterhalt des Werks verursacht wird. Grundsätzlich muss er nur für den Schaden aufkommen, der bei bestimmungsgemässer Benützung seines Werks entsteht. Er hat daher zumutbare Sicherheitsvorkehren zu treffen, jedoch nicht jeder erdenklichen Gefahr vorzubeugen. Risiken, die von Personen, die mit dem Werk in Berührung kommen, mit einem Mindestmass an Vorsicht vermieden werden können, dürfen ausser Acht gelassen werden. Bei Strassen genügt es, wenn sie bei Anwendung gewöhnlicher Sorgfalt gefahrlos benützt werden können. In erster Linie liegt es am einzelnen Verkehrsteilnehmer, eine Strasse mit Vorsicht zu benützen und sein Verhalten den Strassenverhältnissen anzupassen.

  • In Bezug auf den Unfall von A zog das Bundesgericht folgenden Schluss: Die Zufahrtsstrasse diene der Erschliessung von Mehrfamilienhäusern und werde durch ein mit Gras überwachsenes Bord vom Webereikanal getrennt. A sei unbeaufsichtigt mit ihrem Dreirad herumgefahren. Ein 3½-­jähriges Kind verfüge noch nicht über die erforderliche Urteilsfähigkeit, um die Gefahren des Strassenverkehrs erkennen und sich entsprechend verhalten zu können. Dies gelte auch für eine Zufahrtsstrasse, die dem allgemeinen Motorfahrzeugverkehr nicht offen stehe. Das Befahren derselben durch ein unbeaufsichtigtes Kleinkind sei deshalb keine bestimmungsgemässe Benützung. Da die Zufahrtsstrasse für den üblichen Gebrauch tauglich sei, liege insofern kein Werkmangel vor.

  • Weiter prüfte das Bundesgericht, ob eine Ausnahmesituation vorlag, die die Werkeigentümerhaftung trotz zweckwidrigen Gebrauchs auslöst: Ein Kleinkind könne nicht zwischen einer gefährlichen und ungefährlichen Strasse unterscheiden. Die wenig befahrene Zufahrtsstrasse habe A deshalb gar nicht zu einem übermütigen Tun verleiten können. Es stelle sich deshalb einzig die Frage, ob damit gerechnet werden musste, dass ein 3½-jähriges Kind infolge fehlender Abschrankung in den Webereikanal fallen könne, und ob die zu treffenden Sicherheitsmassnahmen zumutbar seien. Das Bundesgericht verneinte dies mit folgender Begründung: Vorplätze von Mehrfamilienhäusern würden zwar von Kindern als Spielplatz benutzt. Es sei auch nicht auszuschliessen, dass sie den Vorplatz verlassen und sich auf der Zufahrtsstrasse aufhalten. Jedoch dürfe es sich dabei kaum um unbeaufsichtigte Kleinkinder handeln. Grundsätzlich dürfe darauf vertraut werden, dass Kleinkinder beim Spiel im Freien überwacht werden. Der Unfall hätte bei gehöriger Aufsicht vermieden werden können! Abgesehen davon könne auch nicht erwartet werden, dass das Strassennetz an jeder Stelle Zäune und andere Abschrankungen aufweise, wo es an einem offenen Gewässer vorbeiführe. Eine derart weitgehende Sicherungspflicht sprenge die Grenze des Zumutbaren.

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