Arrêt du: 17 avril 2015
N° de procédure: 1C_492/2014
Recueil officiel: BGE 141 II 220

Sachverhalt und Prozessgeschichte

Mit dem Vorwurf, sich am 22.4.2012 mit einem Kollegen innerorts ein Autorennen geliefert, die Höchstgeschwindigkeit massiv überschritten, einen ungenügenden Abstand eingehalten und auf Passanten keine Rücksicht genommen zu haben, wurde gegen X. ein vorsorglicher Entzug und eine Abklärung der Fahreignung angeordnet. Strafrechtlich wurde er mit Strafbefehl vom 9.5.2012 wegen grober und einfacher Verkehrsregelverletzung verurteilt. Am 16.5.2013 lenkte er trotz des vorsorglichen Entzugs einen auf den Namen seines Vaters zugelassenen PW. Tags darauf erging aber der Entscheid der Rekurskommission: Der vorsorgliche Entzug wurde aufgehoben, und die Sache wurde zur Anordnung eines rückwirkenden, d.h. bereits vollzogenen Warnungsentzugs von 4 Monaten zurückgewiesen. Die Kommission gelangte zur Auffassung, die Voraussetzungen für einen Sicherungsentzug seien nicht erfüllt; X. sei bisher nie auffällig geworden, und die konkreten Verhältnisse würden auch deshalb nicht auf eine charakterliche Fehlentwicklung hinweisen, weil der Strafbefehl keine Ausführungen zu einem Autorennen enthalte. Der Ausweis wurde X. aber erst 11.6.2013 zurückgegeben; er unterstand also vom 21.8.2012 bis zum 11.6.2013, d.h. während gerade 10 Monaten, einem unbegründeten Ausweisentzug. Am 20.8.2013 wurde ihm dieser aber wegen Fahrens trotz (vorsorglichen) Entzugs (Vorfall vom 16.5.2013) gleich wieder für die Dauer von nun 12 Monaten entzogen. – Das Bundesgericht wies seine Beschwerde ab.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts:
Nach der Rechtsprechung ist der vorsorgliche Führerausweisentzug im Tatzeitpunkt verbindlich und zieht bei Missachtung die Folgen von Art. 16c Abs. 1 lit. f und Abs. 2 lit. c SVG mit sich (Urteil 1C_526/2012 vom 24. Mai 2013 E. 4).

Der Beschwerdeführer unterstand am 16. Mai 2013 noch immer dem vorsorglichen Führerausweisentzug vom 25. April 2012, der nach einem Autorennen verfügt wurde. Die Verbindlichkeit des Fahrverbots während der Dauer des vorsorglichen Entzugs war unmissverständlich gegeben, zumal die notwendigen Abklärungen zur Fahreignung noch nicht abgeschlossen waren. Der Beschwerdeführer wurde in der Entzugsverfügung deutlich auf die straf- und administrativmassnahmerechtlichen Folgen des Fahrens trotz Führerausweisentzuges hingewiesen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann somit der für die Dauer des Sicherungsentzugsverfahrens verfügte vorsorgliche Entzug des Führerausweises im Nachhinein nicht als "nicht geschehen" betrachtet werden.

Keine Verrechenbarkeit der Dauer eines vorsorglichen Sicherungsentzugs mit späteren (mit der Anlasstat sachlich nicht konnexen) Warnungsentzügen

  • Auch wenn es vom Beschwerdeführer anders empfunden wird, stellt der vorsorgliche Sicherungsentzug aus juristischer Sicht keine Sanktion dar (E. 3.1.1 hiervor; Urteil 1C_520/2013 vom 17. September 2013 E. 3.2). Diese Verwaltungsmassnahme bezweckt einzig den Schutz der Verkehrssicherheit durch provisorische Fernhaltung von möglicherweise ungeeigneten Lenkern (Urteil 1C_219/2011 vom 30. September 2011 E. 2.1). Der vorsorgliche Ausweisentzug soll den Behörden Zeit geben, um die Entscheidgrundlagen für die Beurteilung der vermuteten Eignungsmängel sowie für den Entscheid über einen definitiven Sicherungsentzug zu beschaffen. Aufgrund des möglicherweise drohenden Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person ist eine sorgfältige und teilweise zeitintensive Sachverhaltsabklärung vorzunehmen (BGE 133 II 384 E. 3.1 S. 387 f.; vgl. auch Art. 28a VZV, wonach Fahreignungsgutachten nur von Ärzten oder Psychologen mit Fachtitel erstellt werden können). Nur wenn sich die Anhaltspunkte oder der Anfangsverdacht für einen Fahreignungsmangel nicht bestätigen, kommt es anschliessend zum Erlass eines Warnungsentzugs aufgrund einer konkreten Verkehrsregelverletzung. Dabei kann es vorkommen, dass der effektive Führerausweisentzug im Verfahren des vorsorglichen Sicherungsentzugs länger dauert als die für die tatsächlich begangene Verkehrsregelverletzung vorgesehene Warnungsentzugsdauer.
  • Die längere Dauer des vorsorglichen Sicherungsentzugsverfahrens lässt kein "Guthaben an Entzugsmonaten" entstehen, das mit späteren (mit der Anlasstat sachlich nicht konnexen) Warnungsentzügen verrechnet werden könnte. Abgesehen davon, dass es für die "Zeitgutschriftenthese" des Beschwerdeführers im Strassenverkehrsrecht keine gesetzliche Grundlage gibt (eine analoge Anwendung von Art. 51 StGB wird von ihm nicht verlangt und liegt auch nicht nahe), könnte sich die betroffene Person eine günstigere Ausgangssituation beim zweiten Warnungsentzugsverfahren verschaffen, was mit der ratio legis nicht vereinbar wäre und falsche Anreize schaffen würde (indem z.B. eine Person, die noch über eine "verrechenbare Zeitgutschrift" aus einem vorsorglichen Sicherungsentzug verfügt, diese straflos für neue SVG-Delikte benutzen könnte). Dass der rechtmässig verfügte vorsorgliche Sicherungsentzug länger dauerte als der anschliessend verfügte rückwirkende Warnungsentzug, ist demnach rechtlich nicht zu beanstanden und führt zu keinen Zeitkompensationsansprüchen für neue Warnungsentzüge.

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