Arrêt du: 17 mai 2013
N° de procédure: 1C_604/2012

Sachverhalt
X überschritt die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der Sicherheitsmarge um mindestens 49 km/h.

Prozessgeschichte
In der Folge wurde ihm durch die Abministrativbehörde vorsorglich der Führerausweis entzogen. Gleichzeitig wurde die Abklärung seiner Fahreignung angeordnet. X wehrte sich dagegen erfolglos bis vor Bundesgericht.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts

  • Die SVG-Revision vom 15. Juni 2012 ist in einem ersten Teil am 1. Januar 2013 in Kraft getreten; darunter fällt der neu eingefügte Art. 15d Abs. 1 lit. c SVG. Demnach ist bei Verkehrsregelverletzungen, die auf Rücksichtslosigkeit schliessen lassen, zwingend eine Fahreignungsuntersuchung anzuordnen. Das zu beurteilende Verhalten erfolgte am 3. Dezember 2011. Die verkehrspsychologische Untersuchung wurde am 28. Februar 2012 verfügt. Der angefochtene Entscheid erging am 16. Oktober 2012. Sämtliche übergangsrechtlich massgeblichen Ereignisse liegen somit vor dem 1. Januar 2013. Der Beschwerdeführer hat demnach Anspruch darauf, nach altem Recht beurteilt zu werden. Folglich ist hier nArt. 15d Abs. 1 lit. c SVG nicht anwendbar.
  • Art. 16d SVG regelt den Führerausweisentzug wegen fehlender Fahreignung. Danach wird der Führerausweis einer Person auf unbestimmte Zeit unter anderem entzogen, wenn sie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht Gewähr dafür bietet, künftig beim Führen eines Motorfahrzeugs die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen (Abs. 1 lit. c). Liegen Anzeichen vor, dass die Fahreignung fehlt, hat die Verwaltung im Rahmen ihres pflichtgemässen Ermessens die nötigen Abklärungen zu treffen, so etwa eine verkehrspsychologische Untersuchung des Betroffenen anzuordnen (BGE 129 II 82 E. 2.2 S. 84; Urteil 1C_248/2011 vom 30. Januar 2012 E. 3.2 mit Hinweisen).
  • Auch eine erstmalige massive Geschwindigkeitsüberschreitung kann unter besonderen Umständen Zweifel an der Fahreignung erwecken, welche die Anordnung eines vorsorglichen Sicherungsentzugs und einer Untersuchung rechtfertigen (vgl. Urteile 1C_420/2007 vom 18. März 2008 E. 3.3; 2A.162/1996 vom 12. Juli 1996 E. 2b). Das ist etwa dann der Fall, wenn sich der Betroffene durch seine Fahrweise besonders rücksichtslos verhält (vgl. JACQUELINE BÄCHLI-BIÉTRY, Indikation von Fahreignungsbegutachtungen aus verkehrspsychologischer Sicht, in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht, S. 47 f.; PETER STAUFFER, Der Entzug des Führerausweises, 1966, S. 39). 6.2 Solche besonderen Umstände sind hier gegeben. Der Beschwerdeführer hat die innerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um rund das Doppelte überschritten und somit den Verkehr schwer gefährdet (Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG; BGE 132 II 234 E. 3 S. 237 f.). Besonders schwer wiegt, dass er um die Mittagszeit mit rund 100 km/h auf einer nicht richtungsgetrennten Strasse in Liestal unterwegs war. Als er mit dieser Geschwindigkeit den Fussgängerstreifen überfuhr, war ihm die Sicht auf den rechten Bereich des Streifens durch einen Linienbus verdeckt. Gestützt auf die Akten herrschte auf dem rechten Gehweg im Bereich der Bushaltestelle Fussgängerverkehr. Der Beschwerdeführer hatte jederzeit mit Passanten zu rechnen, welche die Strasse unvermittelt überquerten. Bei Haltestellen des öffentlichen Verkehrs und Fussgängerstreifen ist besondere Vorsicht geboten (Art. 33 Abs. 1 und 2 bzw. 3 SVG; vgl. auch Art. 38 Abs. 3 SVG). Es handelt sich um grundlegende Verkehrsregeln, deren Missachtung regelmässig zu schweren Unfällen führt (Urteile 6B_377/2007 vom 6. Februar 2008 E. 2.4 in fine; 6A.80/2006 vom 24. Januar 2007 E. 3.3). Trotz dieser Verhältnisse mit derart übersetzter Geschwindigkeit gefahren zu sein, offenbart ein besonders rücksichtsloses Verhalten. Der Beschwerdeführer hat durch seine Fahrt die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer in einer Weise gefährdet, die ernsthafte Zweifel an seiner Fahreignung weckt. Diese Bedenken vermag auch sein bisher ungetrübter automobilistischer Leumund nicht auszuräumen.
  • Der Sicherungsentzug greift in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen ein. Nach der Rechtsprechung ist daher in jedem Fall von Amtes wegen eine genaue Abklärung der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen vorzunehmen. Das Ausmass der notwendigen behördlichen Nachforschungen - wie die Frage, ob eine verkehrspsychologische Begutachtung angezeigt ist - richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und liegt im pflichtgemässen Ermessen der Entzugsbehörde (BGE 129 II 82 E. 2.2 S. 84; 133 II 384 E. 3.1 S. 387 f.). Im Zweifelsfall ist ein Gutachten einzuholen (BGE 125 II 492 E. 2a S. 495; RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. III, 1995, N. 2654). Ein solcher Fall liegt hier vor; der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten ernsthafte Bedenken an seiner Fahreignung erweckt (vgl. E 6.2 hiervor). Mit der Anordnung einer verkehrspsychologischen Untersuchung haben die kantonalen Behörden den Rahmen ihres pflichtgemässen Ermessens folglich nicht überschritten und somit entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch insoweit kein Bundesrecht verletzt.
  • Bis zur Abklärung von Ausschlussgründen kann der Führerausweis vorsorglich entzogen werden (BGE 125 II 492 E. 2b S. 495). Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit ist es nach der Rechtsprechung geeignet, erforderlich und zumutbar, dem Betroffenen den Führerausweis einstweilen zu entziehen, wenn ernsthafte Zweifel an seiner Fahrtauglichkeit bestehen (BGE 127 II 122 E. 5 S. 128; Urteile 1C_420/2007 vom 18. März 2008 E. 3.2 und 3.4 in fine; 1C_356/2011 vom 17. Januar 2012 E. 2.2; 6A.17/2006 vom 12. April 2006 E. 3.2). Solche Bedenken bestehen hier.

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