Automatisiertes Fahren wird in der Schweiz immer mehr zur Realität. Damit rücken auch neue rechtliche Fragen in den Fokus. Wer ein Fahrzeug mit Fahrerassistenz- oder Automatisierungssystemen lenkt, bleibt trotz technischer Unterstützung in der Pflicht. Die wichtigsten rechtlichen Punkte im Überblick.

Was bedeutet automatisiertes Fahren?

Automatisierte Fahrfunktionen lassen sich gemäss der «Society of Automotive Engineers (SAE)» in sechs Stufen einteilen. Je höher die Stufe, desto höher der Automatisierungsgrad. Alle Details zu den Stufen gibt es im Dossier «Automatisiertes Fahren»

Fahrerassistenzsysteme (FAS) unterstützen dabei die Lenkerin oder den Lenker je nachdem beim Lenken, Bremsen und/oder Beschleunigen. Sie sind den Automatisierungsstufen 0 bis 2 zugeordnet. Die Lenkerinnen und Lenker müssen dabei ständig aufmerksam bleiben, beide Hände am Lenkrad behalten und den Blick auf die Strasse richten.

Automatisierungssysteme ab Stufe 3 gehen weiter: Sie übernehmen die Fahraufgabe zeitweise vollständig. Lenkerinnen und Lenker dürfen die Hände vom Lenkrad nehmen oder kurz den Blick abwenden. Dennoch bleiben sie verpflichtet, jederzeit übernahmebereit zu sein. Solche Systeme sind in der Schweiz nur auf Autobahnen erlaubt.

Die gesetzlichen Grundlagen dazu sind in der Verordnung über das automatisierte Fahren (VAF, SR 741.59) definiert.

Welche fahrfremden Tätigkeiten sind erlaubt?

Zwar dürfen bei aktiviertem Automatisierungssystem die Hände vom Lenkrad genommen werden (Art. 23 Abs. 2 VAF). Fahrfremde Tätigkeiten sind aber nur in einem engen Rahmen erlaubt. Zentral dabei: Die Lenkerin oder der Lenker muss die Fahrzeugbedienung jederzeit wieder übernehmen können (Art. 23 Abs. 4 VAF) – z. B., wenn das Automatisierungssystem dazu auffordert oder die Verkehrssituation es erfordert.

Das heisst konkret:

  • Alle Tätigkeiten, bei welchen etwas in den Händen gehalten wird, sind verboten (z. B. Nachrichten schreiben, Zeitung lesen, am Laptop arbeiten, mit beiden Händen essen).
  • Man muss im Fahrersitz bleiben. So ist z. B. ein Wechsel auf den Beifahrersitz nicht erlaubt.
  • Die Lenkerinnen und Lenker müssen fahrfähig bleiben – d. h. schlafen ist nicht erlaubt.
  • Das Sichtfeld muss frei bleiben. Es dürfen also keine Zeitungen an die Windschutzscheibe gehalten werden und es dürfen sich weder mitfahrende Personen noch Tiere im Sichtfeld befinden.

Wer haftet bei einem Unfall?

Bei einem Unfall mit aktiviertem Automatisierungssystem können verschiedene Parteien haftbar sein: die Halterin bzw. der Halter des Fahrzeugs, die fahrzeugführende Person oder die Herstellerin bzw. der Hersteller. 

Einerseits gibt es die zivilrechtliche Haftung. Hier geht es darum, wer für die entstandenen Schäden einzustehen hat. Dabei gibt es Sachschäden (z. B. Schaden an einem anderen Fahrzeug oder an der Leitplanke) und Personenschäden (z. B. Lenkerin und Lenker eines anderen Fahrzeugs, Mitfahrerin und Mitfahrer). 

Andererseits gibt es die strafrechtliche Verantwortung. Dabei geht es darum, ein begangenes Unrecht zu bestrafen. Hier wird die für den Unfall verantwortliche Person individuell bestraft. Die Strafen sind Busse, Geldstrafe oder Freiheitsstrafe. Die Form der Strafe hängt von der Schwere des begangenen Delikts ab.

Bei einem Unfall steht die Halterhaftung im Vordergrund – unabhängig davon, ob der Fehler bei der fahrzeugführenden Person, einem Defekt oder beim System liegt (Art. 58 Strassenverkehrsgesetz SVG). Das heisst, dass die Halterin oder der Halter bzw. deren Fahrzeughaftpflichtversicherung entstandene Schäden bezahlen muss. Dabei kann die Haftpflichtversicherung unter Umständen auf den Lenker oder die Lenkerin bzw. deren Versicherung Rückgriff nehmen. Strafrechtlich haftet der Halter oder die Halterin nur, wenn ihm oder ihr eine Sorgfaltspflichtverletzung nachgewiesen werden kann (z. B. Updates oder Wartung nicht gemacht). 

Aber auch die fahrzeugführende Person kann zivil- oder strafrechtlich haftbar sein, etwa bei unsachgemässer Nutzung oder mangelnder Reaktion auf eine Übernahmeaufforderung (Art. 31 SVG, Art. 23 VAF). Die Herstellerin oder der Hersteller kann ebenfalls belangt werden, wenn das System mangelhaft ist und eine Sorgfaltspflicht verletzt wurde.

Wer also genau wie haftet, muss jeweils individuell geklärt werden.

Was sind die Auswirkungen auf die Aus- und Weiterbildung?

Per 1. Juli 2025 wurden Theorie und Praxis der Führerprüfung angepasst: Wissen über Fahrerassistenz- und Automatisierungssysteme wird geprüft – etwa zu Funktionen, Grenzen, Risiken und Übernahmeverhalten. Wer den Führerausweis bereits in der Tasche hat, macht sich eigenverantwortlich mit den Systemen vertraut. Eine Pflicht zur formellen Weiterbildung gibt es nicht – aber die Verantwortung bleibt. Hersteller, Händler und Halter müssen ebenfalls Aufklärung leisten. 

Weiteres zum Thema «Automatisiertes Fahren und Recht» 

Mehr Informationen zu diesen und vielen weiteren rechtlichen Aspekten des automatisierten Fahrens finden Sie in der Publikation «FAQ – Automatisiertes Fahren»

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