Sicheres Autofahren im Alter Forum Strassenverkehr 2022

Sicheres Autofahren im Alter
Autofahren bedeutet für viele Seniorinnen und Senioren Mobilität und ein aktives Leben. Gleichzeitig ist diese Altersgruppe überdurchschnittlich häufig von schweren Verkehrsunfällen betroffen, was unter anderem an ihrer höheren körperlichen Verletzlichkeit liegt.
Die Zahl der älteren Autofahrenden wird in den nächsten Jahren zudem weiter steigen – durch die soziodemografische Entwicklung und den zunehmenden Wunsch nach Mobilität. Präventionsakteure, Politik und Behörden müssen Schritt halten.
Am Forum stellten sich grundlegende Fragen:
- Seniorinnen und Senioren im Strassenverkehr: Gefährlich oder gefährdet?
- Wie hoch ist der Sicherheitsnutzen der medizinischen Kontrolluntersuchungen? Gibt es effizientere Screening-Instrumente?
- Braucht es behördliche Massnahmen oder können wir auf die Eigenverantwortung der älteren Personen setzen?
- Können die Strassengestaltung und die Fahrzeugtechnik bei der Lösung der Sicherheitsprobleme helfen?
Das diskutierte die BFU mit Vertreterinnen und Vertretern von Seniorenorganisationen und Behörden sowie mit Fachpersonen aus der Medizin und der Prävention. Interaktive Sequenzen holten die Meinung des Publikums ab.
Spektrum möglicher Massnahmen
Am Forum wurde schnell klar: Der Anteil der Autolenkenden im Rentenalter wird deutlich zunehmen. Diskutiert wurden vier Ansätze der BFU, um Autounfälle bei Seniorinnen und Senioren zu verhindern:
- Sensibilisieren und befähigen: Es braucht Massnahmen, um die Eigenverantwortung und das individuelle Sicherheitsverhalten der Seniorinnen und Senioren zu fördern. Ein Beispiel: auf Fahrten zu Stosszeiten und bei Dunkelheit verzichten.
- Selektionieren: Um die Fahreignung zu prüfen, ist ab 75 alle zwei Jahre eine medizinische Kontrolluntersuchung Pflicht. Diese Untersuchungen haben aber gemäss einer Evaluation der BFU keinen nachweisbaren Effekt auf das Unfallgeschehen. Gezielte Abklärungen bei auffällig gewordenen Lenkerinnen und Lenkern sind sinnvoller.
- Intelligente Fahrzeuge: Sicherheitssysteme (z. B. Notbremsassistenten) bringen einen grossen Nutzen. Seniorinnen und Senioren können sich aber von der Technik überfordert fühlen.
- Strassengestaltung: Selbsterklärende und fehlerverzeihende Strassen sind wichtig, lassen sich aber nur langsam umsetzen. Vergleichsweise schnell umsetzbar sind Tempo-30-Zonen. Sie reduzieren die mentale Belastung beim Autofahren und kommen damit gerade den Seniorinnen und Senioren zugute.
Wo liegt die grösste Hebelwirkung?
Massnahmen, um eigenverantwortliches Verhalten bei Seniorinnen und Senioren zu fördern, sind sinnvoll. Die präventiven Effekte dürfen jedoch nicht überschätzt werden. Effektiver wären Tempo-30-Zonen – die kommen allen Verkehrsteilnehmenden zugute. Grosses Potenzial hat auch die Förderung von Sicherheitssystemen in modernen Autos.
Intensiv diskutierten die Teilnehmenden über die Zukunft der Kontrolluntersuchungen. Die gezielten Abklärungen bei gewissen Auffälligkeiten könnten eine Alternative sein. Zusätzlich bräuchte es aber eine Meldepflicht für Versicherungen, allenfalls auch für Ärztinnen und Ärzte. Ob dies realisiert werden kann, ist aufgrund von Datenschutzbedenken ungewiss.
Darin waren sich alle einig: Ersatzlos abschaffen darf man die medizinischen Kontrolluntersuchungen nicht. Zunächst gilt es, die Auswirkungen der seit 2019 erhöhten Altersgrenze zu evaluieren.
Präsentationen und Publikationen
- Referat «Autofahren im Alter – ein Risiko?» von Mario Cavegn, Leiter Strassenverkehr, BFU
- Referat «Präventionsansatz: Mensch – Selektion und Sensibilisierung» von Karin Huwiler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, BFU
- Referat «Präventionsansatz: Technik – Fahrzeug und Strasse» von Markus Deublein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, BFU
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Altersbasierte verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchung
Fachdokumentation, Fachdokumentation A4, 244 Seiten, 2.468, DOI-Nr. 10.13100/BFU.2.468.01.2022, auch erhältlich auf Französisch, Italienisch, Englisch
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