Fokus

Mit prüfendem Blick durchs Spielparadies

Wo sich hunderte Kinder tummeln, können Unfälle kaum vermieden werden. Schon kleine Anpassungen erhöhen die Sicherheit jedoch massiv. Vor der Eröffnung der grössten Indoorspielhalle der Schweiz waren aus diesem Grund Experten der BFU im Einsatz.

Keine zwei Sekunden steht er im Raum, schon scannt Roger Schmid den Eingangsbereich des Kiddy Dome. Seine Augen suchen den Boden ab, der Blick fährt den schmalen Parkettstreifen entlang bis dorthin, wo der Boden das Niveau wechselt. Ein paar Treppenstufen führen ins Hochparterre. Die Stufen sind Ton in Ton mit dem Eichenboden gehalten. Nur der leuchtend gelbe Klebestreifen, der den ersten Treppenabsatz markiert, bricht die Ästhetik. Roger Schmid nickt anerkennend. Genau so hat er sich das vorgestellt.

Der Fachexperte für Sport- und Freizeitanlagen der BFU war vor zwei Monaten schon einmal hier, als sich der grösste Indoorspielplatz der Schweiz in Rohrbach (BE) noch im Bau befand. Damals ging es um die sicherheitstechnische Beratung der Bauleiter. Nun, zwei Tage vor Eröffnung der 6000 Quadratmeter grossen Spielanlage mit Trampolinhalle, Hochseilgarten und Rutschenpark, folgt die zweite Beratung im Beisein von Geschäftsführer Dustin Schaber.

Faktenbasierte Empfehlungen

Jelena Maksimovic, wissenschaftliche Mitarbeiterin der BFU in der Abteilung Sport und Bewegung, komplettiert das Expertenteam. Sie ist für die Thematik der Trampolinparks zuständig. Eine herausfordernde Aufgabe, da für Trampolinparks bislang weder spezifische Normen noch ein umfassendes Unfallgeschehen über die ganze Schweiz vorhanden sind. Deswegen nimmt die BFU gemeinsam mit Anlagenbetreibern aus der Schweiz eine eigene Unfallerfassung in Angriff. Diese wird von den Betreibern ausgefüllt und anschliessend von der BFU ausgewertet. «Wir wollen unsere Empfehlungen auf Fakten stützen», erklärt Maksimovic.

Noch steht die Gruppe im Eingangsbereich des Kiddy Dome und geht, einer nach dem anderen, über die gelb markierten Treppenstufen. Roger Schmid ist erfreut, dass seine Empfehlung, die Absätze mit Antirutschband zu sichern und zu markieren, umgesetzt wurde. «Das ist ein Beispiel dafür, wie man mit wenig Aufwand die Sicherheit verbessert.»

Unfall-Hotspot Treppen

Treppen sind ein wahrer Unfall-Hotspot. 52 000 Personen verletzen sich in der Schweiz jährlich beim Stolpern oder Stürzen auf Treppen und über Stufen. An Orten, an denen viele Menschen sich schnell bewegen, wie eben in einem Indoorspielplatz, ist das Risiko für solche Unfälle besonders hoch. Deswegen richtet Roger Schmid auf die vielen Treppen, die zu den verschiedenen Spielplattformen, Erholungszonen und Stockwerken führen, ein besonderes Augenmerk.

Nicht nur den Bodenbelag gilt es zu beachten, sondern auch die Handführung. In öffentlichen Gebäuden müssen bei Treppen auf beiden Seiten Handläufe angebracht sein. Für Erwachsene auf 85 bis 90 Zentimetern Höhe. Die BFU empfiehlt, an Orten mit vielen Kindern zusätzlich 20 Zentimeter weiter unten Kinderhandläufe anzubringen. Schmid kontrolliert die Höhe der Geländer mit seinem Meterstab. Im Garderobenbereich ragt der Handlauf nicht, wie laut Norm SIA-500 für hindernisfreies Bauen vorgegeben, 30 Zentimeter über die erste Stufe hinaus. «Da hier viele Menschen um die Ecke kommen, glaube ich, ein vorstehendes Geländer würde die Unfallgefahr eher erhöhen als verringern.»

Engmaschige Kontrolle ist das A und O

Schmid beurteilt nur den Bau der Anlage, nicht jedoch die einzelnen Spielgeräte. Die Verantwortung für die Sicherheit der einzelnen Spielgeräte liegt beim Lieferanten. Dazu kommen tägliche Sichtkontrollen aller Geräte durch die Mitarbeitenden und jährlich eine grosse Kontrolle durch einen Experten, der in ganz Europa solche Geräte überprüft. Allfällige Mängel könne die Haustechnik direkt beheben, erklärt der Geschäftsführer. Engmaschige Kontrolle sei das A und O, bestätigt der Sicherheitsexperte. «Mangelnde Wartung ist die hauptsächliche Ursache bei Zwischenfällen auf Spielplätzen.»

Ganz lassen sich Unfälle nie vermeiden, da sind sich Geschäftsführer und Sicherheitsexperte einig. «Gewisse Verletzungen, etwa Prellungen oder Stauchungen, können beim Erleben nicht immer ausgeschlossen werden», so Roger Schmid. «Erleben gehört zum Lernen. Unsere Beratung zielt darauf ab, schwere Verletzungen zu verhindern.»

Sollte es dennoch zu einer Verletzung kommen, ist eine richtige Erstversorgung notwendig. Wie es denn um das fehlende Sanitätszimmer stehe, das er bei der ersten Beratung angesprochen habe, fragt Schmid. Im Rohbau, aber es werde rechtzeitig fertig. Ebenfalls wurde das Zugangstor zum Hochseilpark auf Anfrage von Roger Schmid gesichert. Tiefliegende Kanten, an denen sich herumrennende Kinder eine Verletzung zuziehen könnten, sind mit farbigen Bildern markiert, Glastüren wurden durch Aufkleber in Sichthöhe entschärft.

Roger Schmid hakt Punkt für Punkt auf seiner Liste ab. Begleitet auch die Begehung des Trampolinparks und setzt schliesslich seinen Fuss wieder über den gelb markierten Treppenabsatz am Ausgang. Die Sicherheit der Anlage ist gewährleistet. Der Rest obliegt der Aufsichtspflicht der Eltern und Mitarbeitenden.

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