Tanja Frieden, woran messen Sie, dass wieder mehr Schulklassen ins Schneesportlager fahren?
Es gibt keine nationale Erhebung darüber, wie viele Schulklassen vergangene Saison ins Schneesportlager fuhren. Wir machen den Trend an zwei Zahlen fest: Erstens war die Zahl der angemeldeten Schneesportlager bei Jugend+Sport, dem wichtigsten Förderprogramm des Bundes für Freizeitsport bei Kindern, jahrelang im Sinkflug und schaffte vergangene Saison erstmals wieder die Kurve nach oben. Zweitens nehmen die von uns vermittelten Angebote zu. Vergangenes Jahr haben wir 40 000 Kinder in die Berge bewegt. Für die diese Saison konnten wir bereits 9000 Schülerinnen und Schüler in Schneesportlager vermitteln. Das ist zwar deutlich mehr als im Vorjahr, aber es gibt Luft nach oben.
Wieso harzt es bei den Schneesportlagern?
Hier spielen viele Aspekte ineinander. Schneesportlager gelten als teuer und anstrengend, ausserdem hat es in den Städten im Winter kaum noch Schnee. Die neue Generation von Lehrerinnen und Lehrern hat selbst oft kein Schneesportlager mehr erlebt und kann auf keinen Erfahrungswert zurückgreifen. Da ist die Hürde hoch. Hinzu kommt das stetig wachsende Sicherheitsbedürfnis in unserer Gesellschaft, gekoppelt mit höherer Transparenz durch heutige Kommunikationskanäle. Viele Lehrpersonen fürchten sich davor, blossgestellt zu werden, wenn doch etwas passieren sollte.
Diese Angst ist nicht unbegründet. Laut Statistik passiert in der Schweiz jeder vierte Sportunfall im Schnee. Wie setzt GoSnow.ch sich für die Sicherheit in Schneesportlagern ein?
Qualitätssicherung ist wichtig. Diese beginnt schon bei der Planung des Lagers. Wir empfehlen generell, die Schneesportwochen innerhalb des Programms Jugend+Sport durchzuführen. Wer mit ausgebildeten Leiterinnen und Leitern zusammenarbeitet, hat mehr Sicherheit. Auch vermitteln wir den Lehrpersonen Wissen darüber, wie sie sich rechtlich im sicheren Rahmen bewegen. Und welche Massnahmen sie ergreifen können, damit die Kinder gesund bleiben. Schliesslich stellen wir den Lagerleitenden vor Ort einen Kontakt und Ansprechperson zur Seite, die die Infrastruktur kennt und bei Problemen unkompliziert Hilfestellung bieten kann.
Und weg von der Metaebene?
Jede Lehrperson, die mit ihrer Klasse ins Schneesportlager fährt, erhält von uns ein Paket, das wir mit verschiedenen Partnern, auch der BFU, zusammengestellt haben. Es enthält unter anderem ein Büchlein mit Aufwärmübungen für Kinder im Schnee, aber auch das Snow-Safety-Kartenset der BFU sowie eine Broschüre über die Sicherheit im Schneesportunterricht. Und natürlich Gadgets und Goodies für die Schülerinnen und Schüler.
Sie haben einen Fonds für finanzschwache Schulen eingerichtet. Werden Gelder in die Sicherheit investiert?
Wir agieren nicht auf der Ebene einzelner Familien, sondern unterstützen Schulen. Die Institution entscheidet, wie die gesprochenen Gelder eingesetzt werden. Jedoch werfen wir einen Blick auf das Budget und versuchen, die Lagerkosten zu senken oder Lücken zu schliessen. Zum Beispiel ist bei unseren Angeboten immer auch das Mietmaterial inklusive Helm enthalten, denn heutzutage besitzen 60% der Kinder keine Schneesportausrüstung.
Sind Sie der Meinung, dass jemand, der früh an den Schneesport herangeführt wurde, sicherer unterwegs ist?
Etwas, das man wenig macht, ist grundsätzlich gefährlicher. Routine bringt Sicherheit. Deswegen ist die nachhaltige Förderung des Schneesports durch Schulen so wichtig. Es gibt natürlich keine Sicherheitsgarantie. Wer keine Unfälle will, darf nichts mehr unternehmen. Dann schiessen die Gesundheitskosten in die Höhe, weil wir uns zu Stubenhockern entwickeln und uns überhaupt nicht mehr bewegen. Das ist keine Option. Für mich ist der Fall klar: Die Heranführung muss früh passieren. Das ist definitiv etwas, das den Sicherheitsaspekt erhöht.
GoSnow.ch
Die Schneesportinitiative Schweiz tritt als Dienstleisterin für Schulen und als Plattform für Lehrpersonen bei allen Fragen im Bereich Wintersport auf. Auf der Plattform GoSnow.ch vermittelt sie Schneesporttage und Schneesportlager als Packages.
Als nationaler Akteur nutzt der Verein Synergien, um die Dienstleistung für Schulen erschwinglich zu machen und die Informationen für Lagerleitende gebündelt anbieten zu können. Mit der Erhöhung der Unterstützungsbeiträge für Schneesportlager auf zwölf Franken pro Kind und Tag durch Sportministerin Viola Amherd hat der Verein auf politischer Ebene erst im September einen Erfolg erzielt. Mit Tanja Frieden hat eine ehemalige Lehrerin und Snowboard-Cross-Olympiasiegerin den Vorsitz des Vereins.