Fokus

Brücken bauen auf dem Fussballfeld

Die Volksvertretung kickt genauso gerne wie der Rest der Bevölkerung. Um den hohen Unfallzahlen im Fussball entgegenzuwirken, engagiert sich die BFU als Sponsorin für den FC Helvetia, das Fussballteam der Parlamentarierinnen. Die Politikerinnen haben eine Vorbildfunktion und können so mithelfen, das Wissen über wirksame Unfallprävention im Sport unter die Leute zu bringen.

Am Vormittag sassen Flavia Wasserfallen, Corina Gredig, Andrea Zryd und Florence Brenzikofer noch trockenen Fusses im Bundeshaus. Nun liegen sie im Regen auf dem Boden und machen Aufwärmübungen. Die Spielerinnen des FC Helvetia, des Fussballteams der Parlamentarierinnen, treffen sich einmal pro Session auf dem Kunstrasenplatz im Berner Neufeld zum Training. «Normalerweise sind wir ein paar Spielerinnen mehr», erklärt Captain und GLP-Nationalrätin Gredig. Der FC Helvetia zählt 23 aktive Mitglieder. «Aber so ist das in der Politik, die Zeit für Sport bleibt zwischen den Parlamentsgeschäften knapp.»

Spassfaktor und Verletzungsrisiko

Umso wichtiger für die Gesundheit ist es, auf dem Sportplatz nichts zu überstürzen. Fussball ist die Breitensportart mit den höchsten Unfallzahlen. 75 000 in der Schweiz wohnhafte Personen verletzen sich jährlich beim Kicken. «Fussball ist leicht zugänglich, man braucht dafür eigentlich nur einen Ball, und schon kann man loslegen», erklärt sich Gredig die Beliebtheit. 

Schweizerinnen und Schweizer kicken entsprechend bei jeder Gelegenheit: in Hinterhöfen, auf Pausenplätzen, während der Mittagspause, auch mal barfuss, unaufgewärmt oder untrainiert. «Viele der Verletzungen im Fussball liessen sich durch ein strukturiertes Aufwärmtraining und die richtige Sportausrüstung vermeiden», erklärt Evangelos Marcoyannakis, Berater Bewegung und Sport der BFU.

Der Spieler des Schweizer Hallenfussball-Nationalteams leitet an diesem regnerischen Mittag das Aufwärmtraining des FC Helvetia. Dieses Angebot ist Teil des Sponsoring-Pakets der BFU, das auch Platzmiete und Verpflegung für die vier Trainings pro Jahr sowie die Entschädigung der Schiedsrichterinnen bei den Matches beinhaltet. 

«Bei der BFU agieren wir zukunftsgerichtet. Fussball hat bei Frauen in den vergangenen Jahren stark an Popularität gewonnen», erklärt BFU-Geschäftsleitungsmitglied Jürg Beutler. Es ist zu erwarten, dass dieser Trend mit der Fussball-Europameisterschaft der Frauen 2025 in der Schweiz weiter zunimmt. «Mit unserem Sponsoring wollen wir diesen Trend auffangen. Unsere Parlamentarierinnen haben Vorbildfunktion, entsprechend ist es für uns ein Gewinn, mit ihnen die Unfallprävention im Fussball zu thematisieren und in ihren Trainings und Matches konkret umzusetzen.»

Während dem Aufwärmen beobachtet Marcoyannakis die Parlamentarierinnen genau, um ihre Haltung, wo nötig, zu korrigieren. Die weibliche Anatomie begünstigt einige Verletzungsarten – etwa den Kreuzbandriss. «Aufgrund der Positionierung des Beckens ist es bei Frauen besonders wichtig, dass Füsse und Knie den richtigen Winkel einnehmen», erklärt er. Neben Kräftigungs-, Mobilitäts- und Stabilitätsübungen führt er die Spielerinnen langsam an das Spieltempo heran. «Bei Stop-and-Go-Sportarten ist es wichtig, nicht gleich mit vollem Tempo einzusteigen, sondern langsam zu beschleunigen und Dribbeln, Passen und Richtungswechsel schon ins Aufwärmen zu integrieren.»

Sportlehrerin und SP-Nationalrätin Andrea Zryd ist begeistert. «Eine Superidee, das Aufwärmen mit Spielformen zu verknüpfen. So macht es erstens mehr Spass und zweitens kann sich das Nervensystem auf die Bewegungsabläufe einstimmen.» Nach rund 20 Minuten übernimmt Trainerin Fränzi Schild vom Fussballverband Bern/Jura ihre Elf, die heute eine Vier ist.

Teamgeist auch im Bundeshaus

Nach dem Spiel gibts erst einmal eine Stärkung. Sandwiches und Wasserflaschen stehen an der Seitenlinie bereit und die Teamkolleginnen stehen noch ein paar Minuten zusammen. «Neben der sportlichen ist auch die soziale Komponente beim FC Helvetia wichtig», sagt SP-Ständerätin Wasserfallen. Sie spielt Fussball, seit sie in der 5. Klasse eine Mädchenmannschaft gründete. «Im Teamsport ist es wie in der Politik: Man kann nur durch Zusammenarbeit erfolgreich sein.» – «Stimmt, und wie im Fussball gibt es auch in der Politik Stürmer, die im Vordergrund stehen, während Mittelfeld und Verteidigung ihnen den Rücken sichern», ergänzt GLP-Nationalrätin Gredig. Sie sei in beiden Bereichen jemand, der gerne Bälle zuspiele.

Das Gespräch dreht sich um Kinder, Wetter und Fitness. Neben dem Fussballfeld oder in der Garderobe über Politik zu sprechen, ist beim FC Helvetia verpönt. Dennoch merke man, dass der Teamgeist vom Fussballplatz ins Bundeshaus überschwappe, sagt Grünen-Nationalrätin Brenzikofer. «Der Sport ermöglicht es uns, gemeinsam Spass zu haben. Das verbindet über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg.»

Auch Rösti- und Polentagraben überwindet der FC Helvetia spielerisch. Grünen-Nationalrätin Sophie Michaud Gigon, die einzige Westschweizerin im Team, verpasst an diesem Tag zwar das Training wegen einer Notfallübung im Bundeshaus – normalerweise lässt sie es jedoch nie sausen. «Ich liebe Sport und mir tut die frische Luft während der Session gut. Und mein Schweizerdeutsch wird auch besser», ergänzt sie lachend. «Obwohl ein rücksichtsvoller Umgang herrscht und in der Garderobe alle ins Hochdeutsche wechseln, wenn ich dabei bin.»

Nicht zuletzt sei es einfacher, sich überparteilich zu verknüpfen und politisch einen Konsens zu finden, wenn man sich auch privat kennenlerne, so Michaud Gigon weiter. Das FC-Helvetia-Netzwerk verbindet beide Kammern, alle Parteien und jeden Landesteil der Schweiz. Hier sieht Jürg Beutler starke Parallelen zur BFU und einen weiteren wichtigen Grund für das Engagement als Sponsorin: «Auch wir sind in allen Landesteilen aktiv, um allen Schweizerinnen und Schweizern einen möglichst unfallfreien Alltag zu ermöglichen. Nicht nur beim Sport auf dem Fussballfeld, sondern auch in allen anderen Lebensbereichen – der Freizeit, zu Hause und im Strassenverkehr.»

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