Decisione del: 23 aprile 2020
Numero processo: 1C_621/2019

Sachverhalt und Prozessgeschichte
Beim Rückwärtsfahren übersah ein Neulenker eine Velofahrerin. Die Frau stürzte und zog sich dabei eine Platzwunde und Prellungen zu. Am Steuer sass ein junger Mann, der den Führerausweis erst auf Probe hatte. Die Staatsanwaltschaft verurteilte ihn wegen fahrlässiger einfacher Verkehrsregelverletzung zu einer Busse von 200 Franken. Weil er den Strafbefehl nicht anfocht, wurde der Schuldspruch rechtskräftig. Auf den Tag drei Monate nach der Kollision mit der Velofahrerin verursachte der Neulenker einen zweiten Unfall. Dieses Mal war er mit einem Militärfahrzeug unterwegs, drei seiner fünf Mitfahrer erlitten leichte Verletzungen. Zum Selbstunfall kam es wegen nicht angepasster Geschwindigkeit. In der Folge annullierte das kantonale Verkehrssicherheitszentrum den Führerausweis auf Probe. Für den jungen Mann bedeutet dies: Nochmals von vorne beginnen. Einen neuen Lernfahrausweis gibt es in solchen Fällen frühestens ein Jahr nach dem zweiten Vorfall – sofern ein verkehrspsychologisches Gutachten die Eignung der Person bestätigt. Und erst wenn die Fahrprüfung erneut bestanden ist, wird ein neuer Ausweis auf Probe ausgestellt. Der Neulenker war damit nicht einverstanden und gelangte letztlich ans Bundesgericht. Dort machte er insbesondere geltend, zum Zeitpunkt des zweiten Unfalls sei das Administrativverfahren aufgrund der Kollision mit der Velofahrerin noch nicht abgeschlossen gewesen. Deshalb sei Art. 15a Abs. 4 SVG auf seinen Fall nicht anwendbar. Das Bundesgericht sah dies anders und wies die Beschwerde des Neulenkers mit dem Leiturteil 1C_621/2019 ab.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts

  • Das Bundesgericht rief seine bisherige Rechtsprechung (BGE 136 II 447) in Erinnerung, wonach eine zweite Widerhandlung den Verfall des Führerausweises auf Probe bewirkt, auch wenn der Entscheid, welcher die erste Widerhandlung mit einem Ausweisentzug sanktionierte, noch nicht rechtskräftig ist und/oder noch nicht vollzogen wurde.

  • Was gilt, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Entscheid über die Sanktionierung der ersten Widerhandlung noch nicht einmal gefällt und dem Fahrzeugführer eröffnet worden ist, musste das Bundesgericht bislang noch nicht entscheiden. Wie die Antwort lauten soll, war bislang unter Juristen umstritten. Ein Teil der Rechtswissenschaftler schlug vor, in solchen Fällen die Gesetzes-verstösse zusammen zu betrachten und zu sanktionieren, wie dies im Strafrecht bei der Festlegung von Strafen für mehrere Taten gemacht wird. Doch mit dieser Position waren die fünf Bundesrichter nicht einverstanden. Sie hielten im vorliegenden Leitentscheid fest: Weil das Gesetz selbst bei einer leichten zweiten Widerhandlung, die einen Entzug rechtfertigt, zwingend den Verfall des Führerausweises auf Probe vorsehe, würde eine Gesamtbeurteilung beider Vorfälle die Fahrzeuglenker, die innerhalb kurzer Zeit für mehrere Entzugsgründe sorgen, gegenüber jenen privilegieren, die dies in grösseren zeitlichen Abständen tun. Eine solche Privilegierung wäre indes ungerechtfertigt, gehe doch für die Sicherheit im Strassenverkehr in der Regel von ersteren die grössere Gefahr aus als von letzteren.

  • Das Bundesgericht erinnerte zudem an den ersten Unfall, der zum Sturz und leichten Verletzungen einer Velofahrerin führte, und kam zum Schluss: «Von einem Fahrer, der im Strassenverkehr bereits eine andere Person – und sei es auch nur leicht – verletzt hat, darf ohne weiteres ein besonderes Mass an Verantwortungsbewusstsein und an sorgfältigem künftigen Fahrverhalten erwartet werden».

Fazit

  • Das kantonale Gericht hat kein Bundesrecht verletzt, als es die Annullierung des Führerausweises auf Probe bestätigt hat.

  • Die Beschwerde des Neulenkers wurde abgewiesen; er wird für die Gerichtsverhandlung eine Rechnung über 3000 Franken sowie die Folgekosten auf dem Weg zum neuen Führerausweis auf Probe bezahlen müssen.

Raccolta dell’UPI di decisioni del Tribunale federale

I testi completi delle decisioni sono disponibili sul sito web del Tribunale federale.

  • Le decisioni della raccolta ufficiale possono essere consultate qui: ricerca in base al numero della decisione che figura nel nostro riassunto alla voce «Raccolta ufficiale»; ad es. 129 II 82.
  • Altre decisioni sono contenute qui: ricerca in base al numero di procedimento; ad es.: 2A.249/2000.

Puoi lanciare una ricerca integrale delle decisioni cantonali sui siti dei Cantoni.

Nota bene: la maggior parte della raccolta di decisioni è disponibile solo in tedesco.

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