Urteil vom: 28. Mai 2020
Prozessnummer: 1C_519/2019

Sachverhalt
A wurde der Führerausweis im Jahr 2014 erstmals wegen Fahrens unter Drogeneinfluss auf unbestimmte Zeit entzogen. Aufgrund einer günstig verlaufenen Fahreignungsabklärung wurde A im August 2016 wieder zum motorisierten Strassenverkehr zugelassen; dies unter der Auflage, eine Drogenabstinenz einzuhalten und sich während der Dauer von zwölf Monaten in Abständen von sechs Monaten verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchungen zu unterziehen.

Die erste Kontrolluntersuchung mittels Haaranalyse erfolgte im Januar 2017. Sie ergab, dass A in den letzten vier bis acht Monaten Kokain konsumiert hatte. Daraufhin verfügte die Motorfahrzeugkontrolle einen vorsorglichen Führerausweisentzug. Da A den festgestellten Kokainkonsum bestritt und eine Verwechslung oder Kontaminierung der Haarprobe behauptete, holte die Motorfahrzeugkontrolle beim Institut für Rechtsmedizin eine Stellungnahme dazu ein. Dieses hielt an den Ergebnissen der Kontrolluntersuchung fest. Gestützt darauf bestätigte die Motorfahrzeugkontrolle ihre Verfügung. Diese wurde rechtskräftig.

Ende August 2018 liess die Motorfahrzeugkontrolle A erneut zum motorisierten Strassenverkehr zu, wobei er sich einer neuen, vollständigen Führerprüfung zu unterziehen hatte, um wieder in den Besitz des Führerausweises auf Probe zu gelangen. Die Zulassung wurde wiederum verbunden mit der Auflage der Drogenabstinenz. A wurde verpflichtet, sich während der Dauer von 18 Monaten in Abständen von sechs Monaten verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchungen mittels Haaranalyse zu unterziehen. Die erste Kontrolluntersuchung im November ergab, dass A zwischen Ende April 2018 und Ende Oktober 2018 Kokain konsumiert hatte. Das beigezogene Institut kam zum Schluss, die Fahreignung von A könne nicht bejaht werden.

Prozessgeschichte
In der Folge entzog ihm die Motorfahrzeugkontrolle am 10.12.2018 wegen der Missachtung von Auflagen vorsorglich den Lernfahrausweis. Da A den Kokainkonsum wiederum bestritt, holte die Motorfahrzeugkontrolle auch diesmal eine Stellungnahme des begutachtenden Instituts ein. Das Institut hielt am Ergebnis seines Gutachtens fest. Weil der festgestellte Kokainwert nicht hoch war, holte die Motorfahrzeugkontrolle eine Stellungnahme von Dr. E. eines anderen Instituts ein. Diese gelangte zum Schluss, aus toxikologischer Sicht handle es sich um einen Grenzfall. Sie plädierte dafür, A eine Chance zu geben.

Gestützt auf diese Stellungnahme hob die Motorfahrzeugkontrolle am 24.5.2019 den vorsorglichen Entzug des Lernfahrausweises wieder auf. Sie ordnete zugleich eine Drogentotalabstinenz an und verpflichtete A namentlich, sich während der Dauer eines Jahres in Abständen von sechs Monaten verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchungen inklusive Haarprobe zu unterziehen und während der Dauer der Auflage bei seinem Hausarzt zweiwöchentlich eine kurzfristig anberaumte Urinprobe abzugeben, die auf Drogen untersucht werde. A war damit nicht einverstanden und gelangte letztlich ans Bundesgericht. Dieses wies seine Beschwerde ab.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts

  • A wandte sich unter anderem gegen die Haarproben und verlangte eine Beschränkung der Kontrollen auf Urinproben. Das Bundesgericht verweist diesbezüglich auf sein Leiturteil BGE 140 II 334, in dem es sich eingehend mit der Haaranalyse als Mitte zur Kontrolle der Alkoholabstinenz auseinandergesetzt hat. Gemäss Bundesgericht treffen die im genannten Urteil mit Bezug auf die Kontrolle des Alkoholkonsums angestellten Überlegungen zur Haaranalytik gleichermassen für den Nachweis eines Drogenkonsums bzw. der Drogenabstinenz zu. Auch im jüngsten Papier der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin vom Februar 2020 (Bestimmung von Drogen und Medikamenten in Haarproben) werde die Haaranalyse als geeignetes Instrument zur Überprüfung der Abstinenz resp. zum Monitoring des Substanzkonsums im Rahmen verkehrsmedizinischer Fahreignungsabklärungen beschrieben. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Kritik von A als unbegründet. Die von A vorgeschlagene Beschränkung der Kontrollen auf Urinproben wäre nur geeignet, einen regelmässigen Kokainkonsum nachzuweisen. Die Einnahme von Drogen kurz nach erfolgtem Urintest liesse sich demgegenüber bereits einige Tage später im Urin nicht mehr nachweisen. Daher sei diese Massnahme nicht geeignet, die völlig Drogenabstinenz zu belegen.

  • Das Vorgehen der Motorfahrzeugkontrolle sei im Übrigen auch keineswegs unverhältnismässig. Da A zu beweisen habe, dass der Mangel behoben ist, der seine Fahreignung ausgeschlossen hat, wäre auch in Betracht gefallen, ihm die Fahrerlaubnis erst wieder zu erteilen, wenn er vorher während einer bestimmten Zeit seine Drogenabstinenz nachgewiesen hat. Die Motorfahrzeugkontrolle habe eine mildere Massnahme ergriffen (Erteilung des Führerausweises unter Auflagen), da es sich bei der nachgewiesenen Menge von Kokain um einen toxikologischen Grenzfall gehandelt hatte. Die verfügte Auflage, sich einer Kontrolluntersuchung mittels Haaranalyse zu unterziehen, sei geeignet und erforderlich, da Urinproben wesentliche Schwächen aufweisen. Damit sei man A trotz der immer wieder aufgetretenen Drogenproblematik weit entgegengekommen.

Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden

Die Volltexte der Entscheide finden Sie auf der Website des Bundesgerichts:

  • Entscheide aus der amtlichen Sammlung finden Sie hier: Nach der Nummer des Entscheides suchen, die Sie bei unserer Zusammenfassung unter «Amtliche Sammlung» finden – z. B. 129 II 82.
  • Weitere Entscheide finden Sie hier: Nach der Prozessnummer suchen – z.B. 2A.249/2000.

Die Volltextsuche kantonaler Entscheide finden Sie auf den kantonalen Websites.

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