Politische Position

Mit Tempo 30 die Verkehrssicherheit erhöhen BFU für Paradigmenwechsel in der Verkehrsplanung

Rund 60 % aller schweren Verkehrsunfälle passieren in der Schweiz innerorts. Allein auf Tempo-50-Strecken werden jährlich rund 1900 Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer schwer verletzt, 80 kommen ums Leben. Mindestens ein Drittel dieser schweren Unfälle liesse sich verhindern, wenn Tempo 30 innerorts überall dort eingeführt wird, wo es die Verkehrssicherheit erfordert – ohne dass dies nennenswerte Auswirkungen auf den Verkehrsfluss hat. Die BFU fordert deshalb einen Paradigmenwechsel in der Verkehrsplanung.

Ein entscheidender Faktor für das Unfallgeschehen ist die Geschwindigkeit. Empirische Studien belegen: je höher die Geschwindigkeit, desto höher das Unfallrisiko und desto gravierender die Unfallfolgen. Der Einfluss der Geschwindigkeit ist dabei nicht linear, sondern überproportional stark. So ist die Sterbewahrscheinlichkeit für Fussgängerinnen und Fussgänger bei einer Kollision mit einem Fahrzeug, das 50 km/h schnell unterwegs ist, um das Sechsfache höher als bei 30 km/h.

Tempo 30 bietet ein enormes Potenzial für die Verkehrssicherheit. Wird die Höchstgeschwindigkeit auf einer Strasse von 50 auf 30 km/h reduziert, sinkt die Zahl der schweren Unfälle um mindestens ein Drittel. Das belegen statistische Analysen der BFU. Durch die sicherheitsorientierte Einführung von Tempo 30 lassen sich pro Jahr 640 Schwerverletzte und 20 Getötete verhindern.

Nicht generell Tempo 30, sondern dort, wo nötig

Dieses grosse Rettungspotenzial wird aber in der Schweiz noch nicht ausgeschöpft, obwohl vor allem in den Städten bereits viele Tempo-30-Zonen auf nicht verkehrsorientierten Strassen eingerichtet worden sind. Aus Sicht der BFU ist deshalb ein Paradigmenwechsel in der Verkehrsplanung notwendig: Tempo 30 soll innerorts überall dort gelten, wo es die Verkehrssicherheit erfordert – also auch auf Streckenabschnitten verkehrsorientierter Strassen, wenn diese z. B. beidseitig dicht bebaut und wenn viele Velofahrerinnen und Fussgänger unterwegs sind. Diese Strassenabschnitte sollen auch mit Tempo 30 vortrittsberechtigt bleiben. Für die Umsetzung hat die BFU das Modell 30/50 entwickelt.

Keine Verkehrsverlagerungen zu erwarten

Untersuchungen belegen, dass der Sicherheitsgewinn von Tempo 30 nicht zulasten des Verkehrsflusses und der Leistungsfähigkeit geht: In aller Regel hat eine Senkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit weder einen nennenswerten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit einer Hauptverkehrsstrasse noch muss mit relevanten Verkehrsverlagerungen gerechnet werden. Die Einführung von Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen hat zwar Auswirkungen auf die Fahrzeiten des öffentlichen Verkehrs, doch diese sind gerade in den Hauptverkehrszeiten gering und für die Fahrgäste kaum spürbar.

Tempo 30 rettet Leben. Die BFU setzt sich für eine differenzierte und sicherheitsorientierte Tempogestaltung innerorts ein, die den situativen Gegebenheiten Rechnung trägt und die, wo erforderlich, auch auf verkehrsorientierten Strassen Tempo 30 signalisiert. Welchen Stellenwert die Tempogestaltung in der Verkehrsplanung der Städte und Dörfer haben soll, müssen aber letztlich Politik, Behörden und Bevölkerung entscheiden.

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