Urteil vom: 5. April 2007
Prozessnummer: 4C.45/2007

B verbrachte eine Nacht in der Mietwohnung ihres damaligen Freundes C. Die 1-Zimmer-Wohnung ist mit einer Galerie ausgestattet, die über eine mobile Leiter erreicht werden kann. Mieter C nutzte diese Galerie als Schlafraum. Am frühen Morgen wollte B vom Schlafplatz auf der Galerie über die Leiter in das Wohnzimmer auf der unteren Ebene hinabsteigen. Dabei rutschte die Leiter weg, worauf B auf den Parkettboden stürzte. Wegen der beim Sturz erlittenen Verletzungen wurde sie in der Folge von ihrem Hausarzt bis auf weiteres vollumfänglich arbeitsunfähig geschrieben. B reichte gegen den Eigentümer der Mietwohnung A eine Forderungsklage ein. Die kantonalen Gerichte bejahten einen Werkmangel und verurteilten den Vermieter zur Zahlung von Schadenersatz in der Höhe von mehr als Fr. 30 000.–. Eine dagegen gerichtete Berufung des Vermieters wies das Bundesgericht aus folgenden Gründen ab:

Ein Werkmangel liegt vor, wenn das Werk beim bestimmungsgemässen Gebrauch keine genügende Sicherheit bietet. Der Werkeigentümer hat nicht jeder denkbaren Gefahr vorzubeugen, sondern nur jener, die sich aus der Natur des Werkes und seiner normalen Benützung ergibt. Eine Schranke der Werkeigentümerhaftung bildet die Selbstverantwortung des Benutzers. Der Werkeigentümer darf Risiken ausser Acht lassen, die von den Benützern des Werkes oder von Personen, die mit dem Werk in Berührung kommen, mit einem Mindestmass an Vorsicht vermieden werden können.

Nach Auffassung des Bundesgerichts war die Mangelhaftigkeit des Zugangs zum Schlaftrakt über eine mobile Leiter für B nicht ohne weiteres augenfällig. Die Leiter habe keine sichtbaren Defekte aufgewiesen und sei sogar mit Schutzvorrichtungen (Gummifüsse, Auflagevorrichtung) ausgestattet gewesen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die Benutzer, d. h. C und B, den mangelhaften Zustand überhaupt erkannt hätten bzw. hätten erkennen können.

Im Übrigen liege es ohnehin im Verantwortungsbereich des Werkeigentümers, für einen genügend sicheren Zugang zum Schlaftrakt zu sorgen. Dieser Zugang über eine mobile Leiter sei per se mangelhaft gewesen. Ein Schlaftrakt, der des öftern aufgesucht werden muss, manchmal in schlaftrunkenem Zustand, müsse durch eine Treppe oder zumindest eine fest verankerte Leiter mit Handlauf erschlossen werden. Mit dem mobilen, instabilen Zugang zum Schlaftrakt seien Risiken verbunden gewesen, die von den Benützern des Werkes eben nicht mit einem Mindestmass an Vorsicht hätten vermieden werden können. Daher sei eine Haftung des Eigentümers der Wohnung A nach Art. 58 OR (Obligationenrecht) zu Recht bejaht worden.

(Prozess-Nr. des Bundesgerichts 4C.45/2007)

Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden

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