Politische Position

Tempo 130 auf Autobahnen BFU warnt vor unterschätzter Unfallgefahr

Eine nationalrätliche Motion fordert die Heraufsetzung des Tempolimits auf Schweizer Autobahnen von 120 auf 130 km/h. Die BFU warnt vor diesem Vorhaben. Würde auf den heutigen Tempo-120-Abschnitten im Durchschnitt 10 km/h schneller gefahren, müsste man jedes Jahr mit zusätzlichen 15 Toten und rund 100 zusätzlichen Schwerverletzten rechnen. Zudem sieht die Schweizer Bevölkerung grossmehrheitlich keinen Handlungsbedarf.

In der Unfallforschung gibt es einen zentralen, weltweit unbestrittenen Zusammenhang: Je schneller man fährt, desto wahrscheinlicher und schwerwiegender sind Verkehrsunfälle. Wissenschaftliche Untersuchungen zu Änderungen der Höchstgeschwindigkeit sind eindeutig: Wird das Limit erhöht, steigt die Zahl der schweren Verkehrsunfälle. Wird das Limit gesenkt, sinken auch die Unfallzahlen. Als in der Schweiz 1985 das Geschwindigkeitslimit auf Autobahnen von 130 auf 120 km/h reduziert wurde, resultierte daraus ein klarer Rückgang der schweren Unfälle.

Würde nun der umgekehrte Schritt vollzogen, und würden die Fahrzeuge tatsächlich im Durchschnitt 10 km/h schneller fahren, müsste gemäss wissenschaftlichen Modellen mit 15 zusätzlichen Verkehrstoten und rund 100 zusätzlichen Schwerverletzten pro Jahr gerechnet werden.

Dass die Schweizer Bevölkerung die heutige Regelung grossmehrheitlich befürwortet, belegt eine aktuelle, repräsentative Befragung der BFU: Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie das Tempolimit von 120 km/h (eher) befürworten. In regelmässigen Befragungen seit 2005 hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz tendenziell sogar zunimmt.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Fahrzeuglenkenden limitiert ist und der Bremsweg bei höherer Geschwindigkeit länger wird. Auch die Aufmerksamkeit steigt nicht, wenn die Geschwindigkeit höher ist. Bei einer Heraufsetzung des Tempolimits würden zudem Geschwindigkeitsdifferenzen der verschiedenen Fahrzeugtypen auf Autobahnen grösser (z. B. Autos versus LKW), was unweigerlich negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätte.

Der Motionstext verweist auf Tempo 130 in den Nachbarstaaten. Dieser Vergleich lässt die Unfallstatistiken ausser Acht. So stützten sich bereits frühere Vorhaben, das Tempolimit auf Schweizer Autobahnen anzuheben, u. a. auf die Behauptung, auf deutschen Autobahnen (ohne generelles Tempolimit) gebe es nicht mehr Unfälle als in der Schweiz. Dies ist falsch. Auswertungen von IRTAD-Daten* zeigen, dass es auf Autobahnen in Deutschland pro 1 Million gefahrene Kilometer doppelt so viele Verkehrstote gibt wie in der Schweiz.

Statt einer generellen Erhöhung des Tempolimits auf Autobahnen sind vielmehr temporäre Reduktionen der Höchstgeschwindigkeit auf einzelnen Autobahnteilstücken sinnvoll. Diese gewährleisten auch bei hoher Verkehrsdichte ein regelmässiges und damit letztlich schnelleres Vorankommen.

*IRTAD: International Traffic Safety Data and Analysis Group der OECD

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