Arrêt du: 3 mai 2005
N° de procédure: 6P.163/2004

Am 21.2.2000 war X mit seinem Bruder A und seinen Freunden B und C auf Skis bzw. Snowboards unterwegs. Gemäss Lawinenbulletin des Eidgenössischen Instituts für Schnee und Lawinenforschung (EISLF) herrschte an jenem Tag erhebliche Lawinengefahr, weshalb Touren und Abfahrten ausserhalb gesicherter Pisten Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr voraussetzen würden und nur zurückhaltend vorzunehmen seien. An den Stationen waren entsprechende Warnhinweise angebracht. Nach einigen Abfahrten auf markierten Skipisten stiegen die vier von der Bergstation auf den Mittelgrat und fuhren zweimal im Tiefschnee zur Talstation. Für die dritte Abfahrt legten sie auf dem Mittelgrat etwa 300 Meter in unwegsamem Gelände zurück, bevor sie ihre Skis und Snowboards wieder anzogen. B und C, die als erste in den unverspurten Hang fuhren, hielten nach einem Abschnitt an, um auf die anderen zu warten. Nachdem sich X in das Gelände begeben hatte, geriet der Hang in Bewegung und trug ihn mit, bis er etwas ausserhalb unverletzt zum Stillstand kam. B und C wurden von der Lawine in den Talgrund getragen und verschüttet. Der sich noch auf dem Grat befindende A wurde nicht mitgerissen. Die sich ausbreitende Lawine erfasste auch die Skifahrer D und E sowie die Snowboarderin F, die sich ebenfalls ausserhalb der Pisten aufhielten. E und F konnten unverletzt geborgen werden. B, C und D überlebten nicht. X wurde in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu einer Busse von Fr. 1000.- verurteilt. Das Kantonsgericht wies seine dagegen erhobene Berufung ab, wogegen X sich vor Bundesgericht wehrte. Dieses wies seine Beschwerden ebenfalls ab:

Auch wenn die beiden getöteten Kollegen dasselbe Risiko eingegangen seien wie X, erscheine es nicht willkürlich, wenn die überlebende Person zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werde. Zudem sei auch ein Skifahrer ums Leben gekommen, der sich in weniger exponiertes Gelände begeben habe. Die Lawinengefahr sei angesichts der Warntafeln offenkundig gewesen und es sei unbestritten, dass es sich bei den Verhältnissen an jenem Tag um einen lawinengefährdeten Hang gehandelt habe. Das Kantonsgericht sei nach kritischer Würdigung des vom EISLF erstellten Gutachtens und unvoreingenommenem Einbezug der unterschiedlichen Bewertungen des von X eingereichten Privatgutachtens zum Schluss gekommen, dass X höchstwahrscheinlich den Lawinenniedergang ausgelöst habe. Der Beschwerdeführer bringe nichts vor, was die Glaubwürdigkeit des amtlichen Gutachtens erschüttern würde.

Ein Schuldspruch nach Art. 117 StGB (Strafgesetzbuch) setzt voraus, dass der Täter durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht den Tod einer anderen Person verursacht hat. In seiner Prüfung führte das Bundesgericht aus, X habe nicht nur das Lawinenbulletin, sondern auch die Warnhinweise ignoriert und über keinerlei Erfahrung in der Lawinenbeurteilung verfügt. Indem er in einen nach Schneefällen als besonders gefährlich einzustufenden Hang hinein gefahren sei, habe er die – auf die massgebenden Verhaltensregeln der Lawinenkunde gestützte – gebotene Sorgfalt missachtet. Bei pflichtgemässer Vorsicht wäre die mögliche Folge seines Verhaltens voraussehbar gewesen. Dadurch hätte sich der Lawinenniedergang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ereignet und der Tod der Skitouristen wäre vermieden worden. Das Kantonsgericht hatte somit kein Bundesrecht verletzt, als es X der fahrlässigen Tötung für schuldig befand.

Volltext des Urteils siehe hier, vereinigt mit 6S.432/2004)

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