Verschneite Fuss- und Zufahrtswege, Schneemassen auf dem Dach und vom Dach herunterhängende Eiszapfen mögen zwar romantisch sein, sie bergen für Hauseigentümerinnen jedoch gewisse Risiken. Hauseigentümer haben eine Unterhaltspflicht. Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, müssen sie mit haftpflichtrechtlichen Folgen rechnen – z. B. dann, wenn die Pöstlerin auf der vereisten Treppe ausrutscht.

Rechtsprechung

Im Folgenden finden Sie einige Urteile zum Thema. Der BFU-Rechtsdienst hat diese Urteile teilweise zusammengefasst und aus Präventionssicht analysiert. Sie können den Originaltext aller Urteile auch auf der Website des Bundesgerichts (www.bger.ch) nachlesen:

  • Beim Verlassen eines Sportgeschäfts auf einer Eisschicht ausgeglitten – Werkeigentümerhaftung des Ladenbesitzers wurde bejaht (Bundesgerichtsurteil vom 11.2.1992 BGE 118 II 36)
  • Auf vereistem Hotelparkplatz gestürzt – Werkeigentümerhaftung wurde bejaht (Urteil Bundesgericht vom 1.10.2003 / Prozess-Nr. 4C.150/2003)
  • Sturz in der Silvesternacht zwischen 18.00 und 18.30 Uhr auf einem an der Sturzstelle schneebedeckten und teilweise vereisten Gehweg, der im Eigentum einer Stockwerkeigentümergemeinschaft steht: Werkeigentümerhaftung wurde verneint, da die für die Gewährleistung einer ununterbrochenen Rutschsicherheit notwendige Kontrollfrequenz der Stockwerkeigentümergemeinschaft nicht zumutbar war. Dafür hätte ein weiterer Hauswart eingestellt werden müssen (Urteil Bundesgericht vom 18.8.2014 / Prozess-Nr. 4A_114/2014 Link auf den Originaltext des Urteils).

Folgerungen aus der Rechtsprechung für den Winterdienst

Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer haften nach Art. 58 Obligationenrecht für den Schaden, der infolge fehlerhafter Anlage oder mangelhaften Unterhalts ihres Gebäudes oder eines anderen Werkes (z. B. Hauszugang) verursacht wird (sog. Werkeigentümerhaftung). Daraus kann abgeleitet werden, dass Häuser und Hauszugänge auch im Winter so unterhalten werden müssen, dass keine Drittpersonen zu Schaden kommen.

Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer müssen demnach für die Schneeräumung vor dem Hauseingang, auf den privaten Fusswegen und Zufahrten sowie auf dem Dach besorgt sein. Der dazu nötige Aufwand hat sich im Rahmen des Zumutbaren zu bewegen. Das Kriterium der Zumutbarkeit beinhaltet drei Elemente:

  • Geprüft wird, ob die Beseitigung allfälliger Mängel oder das Anbringen von Sicherheitsvorrichtungen technisch möglich ist.
  • Bedeutend ist des Weiteren die zeitliche Möglichkeit zur Vornahme von Von Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern wird nicht verlangt, dass sie rund um die Uhr Schnee schaufeln, sondern nur in der Zeit des üblichen Fussgängerverkehrs.
  • Die Kosten für den Winterdienst sollen in einem vertretbaren Verhältnis zum Schutzinteresse der Benützerinnen und Benützer und zum Zweck des Werkes stehen.

Auch der Grundsatz der Selbstverantwortung der Benützerinnen und Benützer eines Hauszugangs spielt eine Rolle. Hauseigentümerinnen und -eigentümer dürfen davon ausgehen, dass die Benützerinnen und Benützer ein Mindestmass an Vorsicht walten lassen.

Spezielle Massnahmen sind vor allem dann nötig, wenn mit einem sensiblen Benutzerkreis zu rechnen ist (z. B. betagte oder behinderte Personen).

Zu beachten ist auch, dass die Gerichte bei öffentlichen Gebäuden in der Regel strengere Anforderungen an den Winterdienst stellen als bei privaten Wohnbauten.

Fazit

  • Die Rechtsprechung zur Werkeigentümerhaftung nach Art. 58 Obligationenrecht macht indirekt auch Vorgaben für den Winterdienst beim Hauszugang.
  • Wenn jemand wegen mangelhafter Schneeräumung beim Hauszugang zu Schaden kommt, können Schadenersatzforderungen an Hauseigentümerinnen und -eigentümer gerichtet werden. Diesen Forderungen müssen Hauseigentümerinnen und -eigentümer nachkommen, wenn sie trotz erkennbarer Gefahr (z. B. angekündigter Eisregen) zumutbare Winterdienstmassnahmen unterlassen haben und dem Opfer kein Selbstverschulden anzulasten ist (z. B. Tragen von Stöckelschuhen).
  • Nach Eintritt eines Schadenfalls wird letztlich ein Gericht die dargelegten Kriterien auf den Einzelfall anwenden und über die Forderungen entscheiden.
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