Urteil vom: 6. Oktober 2015
Prozessnummer: 6B_528/2015

Sachverhalt
X. fuhr am 29. Mai 2011 A., welche sich in einem Rollstuhl befand, mit seinem Taxi von Mettmenstetten in die Stadt Zürich. Auf der Fahrt musste X. wegen eines Radfahrers eine Vollbremsung durchführen. A.wurde aus dem Rollstuhl geschleudert und zog sich mehrere Verletzungen zu. X. wird vorgeworfen, er habe vor der Fahrt lediglich den Rollstuhl arretiert und in den Befestigungsschienen am Fahrzeugboden fixiert, A. jedoch nicht angegurtet. Zudem habe er A. in das Universitätsspital gefahren, ohne ihr vor dem Verlassen des Spitals seine Personalien zu hinterlassen.

Prozessgeschichte
Das Bezirksgericht Zürich sprach X. am 25. Juni 2014 der fahrlässigen einfachen Körperverletzung und des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 80.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren und einer Busse von Fr. 1'000.--. Zudem stellte es fest, dass X.gegenüber A. aus dem eingeklagten Ereignis dem Grundsatze nach schadenersatzpflichtig ist. Zur genauen Feststellung des Schadenersatzanspruches verwies es sie auf den Weg des Zivilprozesses. Ebenso verwies es ein Genugtuungsbegehren auf den Zivilprozessweg. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 31. März 2015 in Abweisung der Berufung von X. den erstinstanzlichen Schuldspruch. Es erkannte auf eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 80.--. X gelangte daraufhin ans Bundesgericht, wo er auch unterlag.

Für die Prävention entscheidende Erwägungen des Bundesgerichts

  • Die Fixierung des Rollstuhls ändert nichts daran, dass A selbst nicht angegurtet war. X ist Berufsfahrer und dessen Kleinbus verfügte über entsprechende Sicherheitsgurte. Bereits in BGE 103 IV 192 wurde die Nützlichkeit und Effektivität der Sicherheitsgurte betont (BGE 137 IV 290 E. 3.5 S. 294 f.). Die Empfehlungen des ASTRA, auf welche auch das Forensische Institut Zürich verweist, legen eine vom Rollstuhl möglichst unabhängige Sicherung nahe. Eine solche war ohne Weiteres möglich und angezeigt. Soweit X vorbringt, er habe "die heute üblichen Normen eingehalten, die gemäss DTC und AGU ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die im Rollstuhl sitzende Person, je nach Behinderung, mit sich bringen (richtig wohl: verringern) ", ist seine Argumentation weder nachvollziehbar noch substanziiert. Unbegründet ist der Vorwurf, die Vorinstanz stütze sich bei der Bemessung der Sorgfaltspflicht auf keine Bestimmungen oder Regeln. Das Forensische Institut Zürich umschreibt in den Grundzügen die Konzeption von Sicherheitsgurten und die Wirkungen einer starken Verzögerung auf eine angegurtete sowie eine nicht angegurtete Person. Mit Blick auf diese Ausführungen sind die Empfehlungen des ASTRA sachdienlich und können hier herangezogen werden. Indem X A nicht angurtete, hat er die durch die Umstände gebotenen Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet und eine Gefährdung bewirkt, welche sich in der Folge realisierte.
  • Hätte X die durch die Umstände gebotenen Vorsichtsmassnahmen beachtet, hätte er A mit dem im Fahrzeug vorhandenen Dreipunkte-Sicherheitsgurt gesichert. Dadurch wäre A während des abrupten Bremsmanövers mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit nicht aus dem Rollstuhl geschleudert worden. Mit gleicher Wahrscheinlichkeit wäre A unverletzt geblieben oder zumindest weniger gravierend verletzt worden.

    Die BFU-Sammlung von Bundesgerichtsentscheiden

    Die Volltexte der Entscheide finden Sie auf der Website des Bundesgerichts:

    • Entscheide aus der amtlichen Sammlung finden Sie hier: Nach der Nummer des Entscheides suchen, die Sie bei unserer Zusammenfassung unter «Amtliche Sammlung» finden – z. B. 129 II 82.
    • Weitere Entscheide finden Sie hier: Nach der Prozessnummer suchen – z.B. 2A.249/2000.

    Die Volltextsuche kantonaler Entscheide finden Sie auf den kantonalen Websites.

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